Willkommen zurück Herbst du altes Haus! Lange nicht mehr gesehen. kaum vermisst und trotzdem wiedererkannt. Nach der englischen Woche stand nun schon der 6. Spieltag auf dem Programm und jeder Fußballfan hoffte wohl insgeheim, dass die Tore am Wochenende so fallen wie die Blätter nun auch von den Bäumen. Aber irgendwie klappte das in den meisten Stadien leider gar nicht gut, denn meistens ähnelte das Tornetz in Sachen Fülle eher dem Portemonnaie eines Studenten am Monatsende. Gerade am Samstagnachmittag wartete man vor dem Fernseher auf den üblichen Fleischthekensatz, ob es noch etwas mehr sein darf. Die Antwort wäre ein lautstarkes „Ja!“ gewesen, aber leider blieb die Frage aus.
Dabei ging es am Freitagabend noch so schön los. Auf den Tag genau ein Jahr nach Robert Lewandowskis neun Minuten Fünferpack gegen den VfL Wolfsburg trafen sich beide Teams wieder in München. Diesmal durfte Lewa von Beginn ran und um es Vorweg zu nehmen: Sein Rekord geriert nicht in Gefahr. Dafür wurde er nach einer guten halben Stunde von Tisserand in bester „die-mach-ich-mir-jetzt-klar Manier“ von hinten angetanzt, drehte sich beschämt von ihm weg mit dem Ball Richtung Tor und ging zu Boden. Der Schiedsrichter gab Elfmeter und warum wusste niemand so wirklich. In Nachtclubs gibt es schließlich dafür auch nur einen Korb, vielleicht mal eine Ohrfeige aber das war’s. Der polnische Goalgetter jedenfalls hatte nichts dagegen und stellte vom Punkt auf 1:0. Kurz vor der Pause wurde es dann für diszipliniert agierende Wölfe noch bitterer, als Robben per Distanzschuss über Rafinha den Weg zur 2:0 Pausenführung fand. Nach den Pause spielten die Wolfsburger dann aber FDP und kamen zurück auf die Bühne. Maxi Arnold zog einen Freistoß aus 30 Metern zentral aufs Tor, wo Keeper Ulreich mit dem Fangen von Fliegen beschäftigt zu sein schien, womöglich eines seiner Hobbys als Frührentner auf der Bayernbank, denn anders ist der Einschlag im Kasten zum Anschluss nicht zu erklären.
Als dann auch noch der eingewechselte Didavin per Kopf den Ausgleich besorgte, waren die zuletzt frisch gekitteten Risse in der heilen Bayernwelt wieder voll da. Denn am Ende blieb es genau bei diesem 2:2 und die Bayern durften richtig mäßig gelaunt zum obligatorischen Wiesnbesuch aufbrechen.
Weniger enttäuschend lief das Wochenende hingegen für RB Leipzig, auch wenn es knapp war wie die nun in den Schränken verschwindende Sommerbekleidung vieler junger Frauen. Mit lediglich gefühlten 2,5 Offensivkräften zu Beginn der Partie kamen die bisher in der Fremde unbesiegten Frankfurter nicht über ein 1:2 hinaus. Augustin und Werner erzielten die Tore für Leipzig während auf Seiten der hessen Rebic dem geschickt formulierten Lockangebot „1 zum Preis von 2“ zum Opfer fiel und zwei Tore benötigte, damit eins zählbar auf der Anzeigetafel erschien. Seinem ersten Treffer wurde nämlich die Anerkennung verweigert, weil die vorangegangene Ecke angeblich bereits im Toraus gewesen sein soll – eine knifflige Entscheidung. Das wahre Highlight des Spiels war aber der gesperrte Naby Keita, der in einem klassischen roten Pimp-Daddy / Zuhälter Outfit auf der Tribüne Platz nahm.
Mit diesem Outfit konnte die Leipziger Generalprobe für das bevorstehende Championsleague Spiel gegen Besiktas Istanbul ja nur gelingen. Nicht nur Geld schießt also Tore, sondern auch der Style hilft dabei.
Vielleicht lag es auch an diesem scheinbar wichtigen Einflussfaktor, dass in Stuttgart am Samstag bei schwäbischen Derby zwischen dem VfB und dem FC Augsburg keine Tore fallen wollten. Die Gastgeber hatten nämlich zu Ehren des 25. Geburtstages ihres Maskottchens Fritzle, dem lustigen Krokodil mit der roten Kappe, ein Sondertrikot getragen, dass jetzt nicht unbedingt den Weg auf die Laufstege der Modewelt finden dürfte.
Die Trikots des FCA gefielen zwar im stylischen Grau, aber letztlich neutralisierten sich beide Mannschaften so dermaßen, dass ein müdes 0:0 die logische Konsequenz war.
Gleiches gilt für die Partie in Bremen, wo der SV Werder bei typischem Bremer Herbstwetter die sonnenverwöhnten Streich-Boys aus dem schönen Breisgau empfing. Während sich in der ersten Halbzeit die Freiburger noch ein Chancenplus erarbeiten konnten, kippte die Wippe nach der Pause zu Gunsten der Bremer, die ein deutliches Übergewicht entwickeln konnten. Der Ball weigerte sich aber auf beiden Seiten beharrlich, den Weg über die Torlinie zu finden, obwohl selbst die Spieler versuchten, ihm zu zeigen wie es geht.
Am Ende blieb es aber auch an der Weser beim 0:0, was man womöglich ahnen konnte. Schließlich sind beide Teams noch sieglos und die Sturmreihen waren in der bisherigen Saison nicht gerade für ihre Vollstreckerqualitäten berüchtigt (Freiburg 2 Tore / Bremen 3 Tore).
Wer nun aber dachte, nach diesen trüben Spielen konnte es in Mainz ja nur besser werden, der lag nur sehr bedingt richtig. Klar herrscht in der Karnevalshochburg schon ziemlich oft eine gute Stimmung, aber gerade in der ersten Halbzeit hätte man auch Oma Iselotte beim Häkeln zusehen können, denn vom Unterhaltungsfaktor hätte das keinen Unterschied gemacht: Kein einziger Torschuss fiel zwischen dem FSV und den Gästen aus Berlin. Nach der Pause hatte dann vor allem Hertha Verteidiger Rekik scheinbar genug vom Schlafwagenfußball und nutzte die Chance gegen Muto, sich für die typische Berliner Abendunterhaltung schon einmal warm zu rempeln. In bester Eishockey Manier checkte er den zierlichen Japaner auf den Boden. Schiri Stieler schaute sich die Szene am Spielfeldrand noch einmal persönlich im TV an und zeigte dann zurecht auf den Punkt. De Blasis vollstreckte und jubelte anschließend, als hätte er soeben mit einem Tor die Championsleague, die Weltmeisterschaft und die Rupperather Stadtmeisterschaft gewonnen.
Wirklich aufregender wurde es leider aber auch nach diesem Treffer nicht, bis Vedad Ibisevic kurz vor Schluss ein „Gespräch“ mit dem Schiedsrichter begann. Laut eigenen Aussagen sollte der Bosnier das Feld wegen einer Wunde verlassen und äußerte seinen Unmut mit den Worten „Das ist schlecht“. Der Schiedsrichter hat aber wohl verstanden „Du bist scheiße“ und schickte den Berliner mit glatt Rot vom Platz. Ob Ibisevic den Unparteiischen nun wirklich beleidigt hat oder er sich einfach an zuhause erinnert fühlte und das hörte, was er sonst immer zu hören bekommt, ist nicht bekannt, aber in jedem Fall schnappte Mainz sich durch den knappen Sieg verdiente drei Punkte.
Gleiches tat auch die TSG Hoffenheim im Heimspiel gegen den FC Schalke, wobei man über verdient und nicht verdient wohl trefflich streiten kann. Fest steht, dass die erste richtige Musik ins Spiel ein Jungspund brachte, dessen Name dafür ja schon fast prädestiniert ist: Dennis Geiger. Der Mittelfeldspieler nahm sich nach 13 Minuten ein Herz und überwand Torhüter Fährmann platziert von der Strafraumgrenze.
In der Folge kamen die Gäste aus Gelsenkirchen immer besser ins Spiel und drängte vor allem in der zweiten Halbzeit auf den Ausgleich wie ein Kind im Supermarkt zum Süßigkeitenregal. Beide Teams testeten aber mehr die Stabilität der Torumrandung als das Tornetz, sodass es ein Spiel auf Messers Schneide blieb. In der Nachspielzeit dann die Entscheidung: Ralle Fährmann semmelte an der Strafraumgrenze zünftig wie Keeper Manni auf dem Ascheplatz am Ball vorbei, Rupp sagt artig danke und besorgt den 2:0 Entstand, womit sich Hoffenheim nun in der Spitzengruppe festsetzt und Schalke noch immer nicht so recht weiß, ob Coach Tedesco nun zum Pott passt oder eben nicht.
Am Samstagabend empfing dann der souveräne Tabellenführer aus Dortmund die Fohlen aus Mönchengladbach zum ewig jungen Borussenduell (Quelle Titelbild: Kicker.de). Das Spiel ähnelte aber viel mehr einer fußballerischen Inszenierung der jüngsten klimatischen Ereignisse in der Karibik und Florida. Die Gladbacher schlüpften dabei in die Rolle der kleinen Inseln in der Ostkaribik während der BVB die Rolle des Hurrikan Irma übernahm. Denn eine passendere Beschreibung als einen Sturm, der über kleine Holzhäuser hinwegfegt, kann es für dieses Spiel nicht geben. Schon zur Pause stand es 3:0, am Ende war sogar das halbe Dutzend voll. Vor allem das Sturmduo Aubameyang (Dreierpack) und Maximilian Philipp (Doppelpack) hinterließ beim Publikum offene Münder und sich ziehende Speichelfäden beim Gedanken daran, was dieses Team unter Neu-Coach Peter Bosz erst erreichen kann, wenn auch alle Verletzten wieder dabei sind.
Einer davon feierte gegen Gladbach nun sein Startelfcomeback nach Maß: Julian Weigl. Die Passmaschine erzielte per sehenswertem Drop-Kick kurz vor Schluss den Endstand. An diesem Abend hätte man auch Marco Reus mit Krücken in den Strafraum stellen können und selbst ihm wäre wohl eine Vorlage und ein Traumtor gelungen. Einziger kleiner Wehrmutstropfen: Lars Stindl beendete die Gegentorlosserie des BVB. Aber mit einem 6:1 und berauschendem, dominanten Offensivfußball und der Tabellenführung im Gepäck kann man so etwas wohl verkraften.
Nach so einem berauschenden Fußballfest verwundert es irgendwie nicht, dass am Sonntagnachmittag dann erstmal ein spätes Katerfrühstück auf den Tisch kam. Hannover 96, ungeschlagener Aufsteiger, empfing den 1.FC Köln, seines Zeichens stolzer Inhaber der roten Laterne. Ein Spiel, dass absolut zur Tageszeit passte. Hier und da mal eine Torchance, phasenweise auch mal Spannung, aber im Grunde genommen mehr Krampf als alles andere.
Beide Teams hätten durchaus mindestens ein Tor erzielen können, aber entweder die Keeper oder das Aluminium hatten war dagegen. Und daher blieb es am Ende beim leistungsgerechten Remis, so trist es auch sein mochte. Letztlich können aber wohl beide Teams zufrieden sein, bleibt Hannover doch ungeschlagen und der FC ergattert zumindest den ersten Punkt der Saison.
In diesem Stadium wähnte man vor der Saison, fast schon wie selbstverständlich, den Hamburger Sportverein. Stattdessen feierten die Rothosen zu Saisonbeginn allerdings zwei Siege und grüßten sogar kurzfristig von der Tabellenspitze. Dort oben war den Hamburgern aber scheinbar die Luft viel zu dünn, sodass man nun zum Abschluss des Spieltags in Leverkusen die vierten Niederlage in Folge schaffte und endlich wieder auf Platz 15 angekommen ist. Da fühlt sich der HSV Fan direkt wieder wie zuhause. Im Quotenduell mit der Berichterstattung zur Bundestagswahl, welches das Spiel sicherlich deutlich verlor, reichten Bayer wenige helle Momente um die Gäste aus Hamburg vollkommen zu dominieren. Ein erneuter Doppelpack von Kevin Volland sowie das Tordebüt vom sich ewig ziehenden Kaugummi-Neuzugang Alario sorgten für einen nie gefährdeten 3:0 Heimsieg der Werkself.
Die Bayer Achterbahnsaison scheint also ungebremst weiterzugehen, während der HSV spielerisch enttäuschte wie das Ergebnis der großen Parteien bei der Bundestagswahl.
In dieser Woche geht es dann erstmal europäisch weiter bevor nächstes Wochenende dann Spieltag 7 folgt. Aber aufpassen: Die im Anschluss kommende Länderspielpause wirft schon ihre Schatten voraus. Also besser reichlich Fußballkost eintuppern und für die Zeit bereitstellen, bevor es zu spät ist.