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Bundesliga 28. Spieltag: Das Ende des deutschen Clasico

Da macht man mal eben die Augen zu und plötzlich ist alles anders. Aus grauem Winterwetter wurde gefühlter Sommer, die USA spielen wieder Weltpolizei und Rubbeldiekatz ist die englische Woche mit drei Spieltagen binnen einer Woche in der Bundesliga auch schon wieder vorbei. Was ist das nur für 1 Welt?

Aber beschweren wir uns mal nichts, schließlich haben wir ja auch was davon. So gab es zum Auftakt des Spieltags am Freitag direkt mit dem Duell Frankfurt – Bremen ein Duell um Europa, was aber gleichzeitig im Vorfeld etwas von arktischem Winter gegen Sommer in den Emiraten hatte. Schließlich war Frankfurt seit Wochen auf der Suche nach der eigenen Form und dem gegnerischen Tor wie Indiana Jones nach der Bundeslade während Bremen in etwa so heiß war wie Schieferplatten im Freibad an einem heißen Sommertag. Und trotzdem war es die Eintracht, die besser ins Spiel fand und in Person von Abraham einen ersten Aluminiumtest des Bremer Gehäuses durchführte. Keeper Wiedwald holte sich allerdings dabei auch einen Satz heiße Fingerkuppen ab. Danach kam es dann aber so, wie es bei Werder in den vergangenen Wochen kommen musste: aus dem Nichts tanzte Kainz auf dem Flügel seinen Gegenspieler galant aus, flankte in die Mitte wo Junuzovic seine Farben mal wieder mit der ersten richtigen Chance in Führung brachte. Als Bartels noch vor der Pause das 2:0 erlupfte, schien das Spiel den zuletzt klassischen Werder-Weg zu gehen. Aber diesmal kam es anders: Unmittelbar nach der Pause war es das Knie von Gacinovic, dass nach 485 Minuten den torlosen Eintrach-Fluch beendete und die Aufholjagd einläutete. Nach 73 Minuten wurde diese dann belohnt: Abwehrchef Moisander hakte sich im Strafraum bei Gegenspieler Hrgota ein wie eine Oma bei ihrem Zivi, sodass der Schiedsrichter nichts anderes übrig blieb, als auf den Punkt zu zeigen.

Moisander will Hrgota einfach nicht gehen lassen (Quelle: Kicker.de)

Der zuletzt scheiternde Fabian trat erneut an und verwandelte diesmal zum 2:2. Die Schlussphase der Partie wurde dann so intensiv wie die Gerüche in einer Parfümerie, ein weiteres Tor wollte aber nicht mehr fallen. Daher blieb es beim insgesamt gerechten Remis, mit dem beide Teams wohl einigermaßen leben konnten.

Mit dem gleichen Ausgang hatte man sich am Samstag auch schon fast in Leipzig abgefunden, als auch nach 90 Minuten noch keine Tore im Spiel gegen die Werkself aus Leverkusen gefallen waren. Die Gastgeber legten zwar los wie die Feuerwehr, Leverkusen schaffte es aber irgendwie, die zuletzt löchrige Abwehr halbwegs zu stopfen wie engagierte Mütter die Socken ihrer Kinder. Nach der Pause kam man sogar selbst zu Chancen, sodass eine Punkteteilung am Ende sogar nicht unverdient gewesen wäre. Aber da hatte der rote Bulle Poulsen dann doch noch etwas gegen.

Poulsen stürzt Bayer ins Tal der Tränen (Quelle: Kicker.de)

Der Däne grätschte den Ball in letzter Minute ins Tor und sicherte seinem Team so doch noch den dritten Sieg der englischen Woche, während die Bayer-Jungs da weitermachen, wo sie schon die ganze Saison dran arbeiten: an einer fortwehrenden Achterbahnfahrt.

Auf einer solchen befindet sich auch der FC Schalke 04 in dieser Bundesliga-Saison, was dazu führt, dass die Knappen immer noch deutlich hinter den eigenen Erwartungen zurückliegen. Nach der Klatsche in Bremen war nun der VfL Wolfsburg zu Gast und es ging, fast wie erwartet, wieder bergauf. Vom Anpfiff weg dominierten die Gastgeber wie Olga in Lack und Leder und zeigten den Wölfen auf, dass die Abwehr an diesem Tag kein Bundesligaformat zu bieten hatte. Burgstaller eröffnete den Reigen bereits nach 6 Minuten. Keine zwanzig Minuten später schalteten die Schalker dann über den agilen Max Meyer schneller um als ein Teenie beim Fernsehen auf der Suche nach Brüsten und Goretzka stellte gekonnt auf 2:0. Nach der Pause dann das unveränderte Bild: Königsblau konnte ungestört spielen wie Kinder auf dem Spielplatz und die Wölfe sahen nur zu, als der Ex-Wolfsburger Caligiuri auf 3:0 erhöhte. Burgstaller düpierte dann Gustavo im Strafraum wie einen kleinen Jungen, dessen Nase geklaut wird, um den persönlichen Doppelpack zum 4:0 zu schnüren.

Burgstaller macht seinen Doppelpack perfekt (Quelle: Kicker.de)

Kurz darauf bekamen die Gäste dann noch einen Elfmeter zugesprochen, der mehr als fällig war, schließlich war es an diesem Nachmittag die dritte strafstoßwürdige Szene, in der sich Nastasic in der Vordergrund spielte. Mario Gomez verwandelte sicher zum 4:1 Endstand, was natürlich nur als kläglicher Versuch von Ergebniskosmetik verpuffte und nichts mehr daran ändern konnte, dass der VfL weiter bis zum Hals im Abstiegssumpf stecken bleibt.

Noch ein Stückchen tiefer in diesem Sumpf, also quasi bis zur Oberkante der Unterlippe, steckt der FSV Mainz 05. Daran änderte sich auch beim Gastspiel in Freiburg nichts, im Gegenteil, eigentlich wurde es sogar noch schlimmer. Das einzige Zeichen, was die Mainzer setzten, war mit den Trikots in Neongelb. Ansonsten war das Spiel so ansehnlich wie die Schockfotos auf Zigarettenpackungen und die Strafräume blieben verwaist wie weite Teile Ostdeutschlands. Einen Sieger verdient hatte dieses Spiel keinesfalls, aber trotzdem gab es einen – den SC Freiburg. Denn handgestoppte 32 Sekunden nach seiner Einwechslung schlug Edel-Joker Petersen zu und sicherte so den Gastgebern die drei Punkte.

Joker Petersen trifft Mainz ins Mark (Quelle: Kicker.de)

Er profitierte dabei vom am Boden liegenden Mainzer Latza, der dadurch jegliche Abseitsstellung eliminierte und es Petersen somit reichlich leicht machte, der seine Breisgauer so wohl zum endgültigen Klassenerhalt und gleichzeitig auf den begehrten Europaleague-Rang 6 beförderte.

Um ganz andere Plätz ging es derweil in Hamburg, wo der HSV die TSG Hoffenheim, die immerhin unter der Woche den Bayern die zweite Saisonniederlage beibringen konnten. Wer dadurch aber dachte, die Kräfteverhältnisse wären eindeutig zu Gunsten der Kraichgauer verteilt, der lag im Stile eines Wetterfroschs kräftig daneben. Denn nach einer ruhigen Anfangsphase war es der Dino, der durch Aaron Hunt per direktem Freistoß in Führung ging. Keeper Baumann sah dabei etwas unglücklich aus wie ein Kind, dessen Sandburg vom Spielplatz-Rowdy zertreten wurde, denn der Ball schlug im Torwarteck ein. Von augenscheinlich müden Hoffenheimern war wenig zu sehen, bis Ostrzolek den fröhlichen Wecker miemte. Der Verteidiger latschte Gegenspieler Bicakcic im Duell der vielen Konsonanten im Strafraum ungeschickt auf den Fuß wie im vollen Einkaufszentrum und Kramaric bedankte sich dafür vom Punkt mit dem Ausgleich. Nach der Pause gelang den Gästen sogar das zweite Tor, allerdings hatte Wagner dabei Mavrajs Trikot zu eingehend auf Reisfestigkeit getestet, sodass die Anerkennung zurecht ausblieb. Stattdessen war es der im Volkspark sichtlich heimische HSV, der erneut in Führung ging. Am Ende einer netten Kombination legte Bobby Wood, zuletzt noch Chancentod ohne Gnade für sich selbst, mustergültig rüber zu Hunt, der dadurch seinen Doppelpack schnüren konnte.

Die Hamburger jubeln und lachen sich ins Fäustchen (Quelle: Kicker.de)

Da Mathenia im Hamburger Tor kurz vor Schluss mit dem Pfosten im Bunde stand und so gegen Amiris strammen Schuss Sieger blieb, brachten die Gastgeber den knappen aber verdienten Sieg über die Zeit, und schickten die müden Hoffenheimer so zum ausruhen nach der harten englischen Woche punktlos zurück nach Hause.

Diesen Plan hatten sicherlich auch die Geißböcke aus Köln, die das rheinische Derby gegen Borussia Mönchengladbach im heimischen Stadion gern für sich entschieden hätten. Dafür reichte die gezeigte Leistung am Samstag aber schlicht und ergreifend nicht aus, auch wenn die Moral der Truppe eindeutig intakt war wie die Ehe der Lombardis bevor es bergab ging. Zweimal gelang es den Kölnern, die jeweils verdiente Führung der Fohlen nahezu Postwendend auszugleichen. Aber die Gäste brannten einfach wie der Fanblock vor dem Anpfiff oder ein fieser Tripper nach dem Thailand-Urlaub und zeigten insgesamt die reifere, bessere Spielanlage. Die Führung besorgte dann der Hüne Vestergaard, der bei einer Ecke Abrissbirne spielte und den Ball per Kopf im Netz unterbrachte. Keine fünf Minuten später spielte Tore-Tony-Modeste dann einen Pass durch die Gladbacher Abwehr wie das heiße Messer durch die Butter und Clemens glich eiskalt aus. Die Gladbacher blieben am Drücker, es sollte aber bis nach der Pause dauern, bis sich dies auch auf der Anzeigetafel bemerkbar machte. Der frisch genesene und gerade eingewechselte Traore flankte mit seinem zweiten Ballkontakt in die Mitte an Freund und Feind vorbei direkt in die erneute Glückseligkeit.

Traore lässt sich für sein unbeabsichtigtes Tor feiern (Quelle: Kicker.de)

Doch auch diese wehrte nicht lange, denn diesmal war es Modeste selbst, der per anspruchsvoller Volleyabnahme eines Jojic Freistoßes den erneuten Ausgleich besorgte. Der Schlusspunkt war aber erneut den Gästen vom Niederrhein vorenthalten. Der eingewechselte Drmic pöhlte den Ball im Strafraum an den Pfosten, von wo aus Lars Stindl die Kugel bekam und selbige zum Sieg ins Tor beförderte. So nahmen die Gladbacher nach der bitteren Hinspiel Niederlage erfolgreich Revanche und robbten sich gleichzeitig durch den Sieg bedrohlich nahe an den FC heran. Das Rennen um Europa wird somit immer enger und umfangreicher gleichermaßen.

Für den geneigten Fußball Eventfan bzw. die übliche mediale Berichterstattung stellten all diese Spiele natürlich nur das viel zu lange Vorspiel bis zum Höhepunkt des Spieltags dar: Das Topspiel zwischen dem Branchenprimus aus München und den designierten Verfolgern aus Dortmund. Wer ein Spitzenspiel oder gar eine Partie auf Clasico-Niveau erwartete, der wurde enttäuscht wie ein Teenie an Weihnachten, wenn kein Apple-Produkt unter dem Tannenbaum liegt (Quelle Titelbild: Kicker.de). Die Bayern liefen zwar mit der ältesten Startelf seit 11 Jahren auf, bewiesen aber gleichzeitig, dass man in alten Pfannen braten lernt. Der BVB startete zwar forsch, wurde dann aber vom Papa FC Bayern an die Hand genommen, um gezeigt zu bekommen, wie man es richtig macht. Der Glöckner von der Säbener Straße, Franck Ribery, eröffnete das Fest nach mustergültiger Hereingabe von Fipsy Lahm, bevor der Vollstrecker vom Dienst Robert Lewandowski per Freistoß auf 2:0 erhöhte. Dembele duckte sich dabei in der Mauer ängstlich weg, als würde ihm der böse Vater Prügel androhen.

Lewa trifft per schönem Freistoß zum 2:0 (Quelle: Kicker.de)

Diese frühe und hochverdiente Führung schien vor allem Arturo Vidal so dermaßen zu langweilen, dass der Chilene nach 20 Minuten so unmotiviert per Kopf an die Strafraumgrenze klärte, dass Guerreiro die Rakete zünden und den Ball extrem stramm in den Winkel feuern konnte. Ohne Netz hätte es sicherlich Verletzte auf der Tribüne gegeben. Wer nun aber mit einer Aufholjagd der Borussia rechnete, sah sich erneut getäuscht. Vor allem der rüstige Robben sprühte vor Spielwitz wie eine riesige, glatzköpfige Wunderkerze und baute kurz nach der Pause einen klassischen Robben zum 3:1. Als Aubameyang dann frei vor Keeper Ulreich nach 68 Minuten scheiterte und im Gegenzug Lewandowski vom Punkt nach Foul von Bürki auf 4:1 stellte, war der Drops endgültig gelutscht. Danach spielten die Bayern lässig ihren Stiefel runter und führten den BVB wie an der Leine durch die heimische Arena. Von einem Duell auf Augenhöhe war absolut nichts zu sehen. Viel mehr wurde einmal mehr deutlich, dass der FC Bayern nicht nur in einer anderen Liga, sondern auf einem anderen Planeten spielt, als der komplette Rest der Bundesliga.

Wenn man in Augsburg nicht langsam aufpasst, gilt ähnliches auch für den FCA in der nächsten Saison. Es wäre dann zwar kein anderer Planet, aber zumindest eine andere Liga, denn der Abstieg rückt bei Leistungen wie am Sonntag unangenehm nah wie andere Menschen im vollen Aufzug. Beim Gastspiel in Berlin zeigten die Augsburger eine absolute Nicht-Leistung und durften sich so nicht wundern, dass es weniger zu holen gab als für Team Jamaika im Viererbob. Schon vor der Pause sorgten Brooks und Stocker für klare Verhältnisse.

Brooks bestraft harmlose Augsburger früh (Quelle: Kicker.de)

Nach der Pause gingen die Berliner dann in den bürokratischen Verwaltungsmodus, während die Augsburger weiter gänzliche Torgefahr vermissen ließen. So blieb es am Ende bei hochverdienten 2:0, womit die Hertha wieder die Pole-Position im Rennen um Europa übernahm und der FCA gleichzeitig bedrohlich nah am Abgrund balanciert.

Dass der Abgrund in dieser Woche so bedrohlich näher rückte, liegt aber auch am FC Ingolstadt. Die Schanzer holten nämlich bislang geschmeidige zwei Siege und sollten beim Abstiegsgipfel gegen Darmstadt am Sonntag noch einen dritten hinzufügen. Die erste Halbzeit erinnerte dabei fast an einen Film mit Jason Statham, denn was da an Action geboten wurde war schon beachtlich. Den stärkeren Start erwischten die Gastgeber aus der Audi-Stadt, die gut kombinierten und zu Chancen kamen wie Sand am Meer. Die Führung nach 19. Minuten durch Pascal Groß war daher auch hoch verdient. Doch nur 20 Minuten später führten die Lilien – was war passiert? Mario Vrancic gönnte sich kurzerhand seinen ersten Bundesliga-Doppelpack und bescherte seinen Mannen so die mehr als schmeichelhafte Pausenführung. In der Kabine zeigte der Doppelschlag beim FCI Wirkung, denn fortan fiel es den Gastgebern deutlich schwerer, zu hochkarätigen Chancen zu gelangen. Aber der zuletzt äußerst torgefährliche Cohen glich aus, bevor Revolvermann Suttner schließlich zur Tat schritt. Der Pistolero aus Österreich ging nach 72 Minuten seiner Lieblingsbeschäftigung nach und versenkte locker flockig aus der Hüfte mit seinem vierten direkten Freistoßtor in der laufenden Saison den Ball im Tor der Gäste.

Keeper Esser fliegt vergeblich (Quelle: Kicker.de)

Tore fielen in der Folge nicht mehr, dafür aber Hemmungen. Nach einem Zweikampf gerieten Colak und Bregerie aneinander. Letzterer trat am Boden liegend aus wie ein bockiger Esel und wurde dafür zurecht zum duschen geschickt. Da auch Colak per Ampelkarte mitgehen durfte, konnten die beiden ihre Unstimmigkeit gleich unter vier Augen klären. Die Lilien gehen durch diese Niederlage immer weiter ein und sind nur noch in grauer Theorie zu retten. Die totgesagten Ingolstädter hingegen hauchten sich durch diesen Sieg endgültig wieder Leben ein und wirken plötzlich quietschfidel und lebendiger als so mancher Konkurrent im Tabellenkeller. So schnell dreht sich die Welt derzeit weiter – ganz schön abgefahren.

 

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