Wer kennt es nicht: man hat ne miese Woche, nichts will so laufen wie es soll, man ist frustriert und kauft sich daher kurzerhand ein neues paar Schuhe, ein cooles Shirt oder irgendein neues Technik-Gadget mit dem Gedanken: Scheiß drauf, das gönn ich mir jetzt. Genauso kennt jeder den Moment im Supermarkt, wenn man sich die Wurst an der Fleischtheke holt und nicht zur abgepackten Schinkenwurst von „ja!“ oder „Gut&Billig“ greift, weil man denkt: heute gönn ich mir mal richtig was.
Eine Kombination aus beiden Situationen scheint jetzt in Paris stattgefunden zu haben, denn der Prestigeclub aus der französischen Hauptstadt, Paris Saint Germain, hat sich einfach mal Neymar (Quelle Titelbild: Spiegel.de) , den momentan wahrscheinlichsten besten Fußballer Brasiliens, für locker flockige 222 Millionen Euro gegönnt. Von diesem Geld, könnte der FC Bayern, weiß Gott kein Provinzclub im Weltfußball, seinen aktuellen Rekordtransfer Tolisso mehr als fünf (!!!) mal verpflichten. Und selbst Real Madrid hätte von diesem Geld auf einmal die Ablösesummen von Cristiano Ronaldo, Gareth Bale und Sergio Ramos stemmen können. Dass der bisherige Ablöse-Rekord von 105 Millionen für Paul Pogba aus dem letzten Sommer durch diesen Wechsel nebenbei pulverisiert wurde, ist ja selbstverständlich.
Noch abgedrehter wird es allerdings, wenn man sich vor Augen führt, was „normale“ Clubs oder gar Otto-Normal-Verbraucher sich für das Geld kaufen könnte. Der SC Freiburg könnte sich beispielsweise fast 80 Nils Petersens davon kaufen; der 1.FC Köln 148 Dominique Heintzs, was gleichbedeutend mit einer der größten Geier-Gruppen der Welt wäre. Und der normale Konsument könnte sich für einen Neymar einen Fuhrpark von über 31.700 Dacia Sandero zulegen. Oder etwa 111 Millionen Portionen Curryking bei REWE. Oder was auch immer er haben möchte, denn 222 Millionen sind einfach eine aberwitzige Summe.
Aber warum hat der PSG das Geld eigentlich in die Hand genommen? Naja, zum einen wollte man sicherlich ein neues Aushängeschild für den Verein. Einen Spieler, der die Massen begeistert, dessen Trikots sich weltweit verkaufen wie geschnitten Brot und der mit seinem Talent die Fans von Paris verzückt und ihnen den lang ersehnten Titel in der Champions League bringt. Aber das war garantiert nicht alles, denn auch Frust spielte sicherlich eine ganz zentrale Rolle. Denn statt dem angepeilten Triple wurde es in der vergangen Saison nur noch das Single, denn nach vier Meisterschaften in Folge stand man in der Seine-Metropole plötzlich nur noch mit dem Pokalsieg da und das obwohl man im Achtelfinale der Champions League den großen FC Barcelona doch schon zuhause mit 4:0 düpiert hatte und sich selbst auf den Favoritenposten für den großen Wurf gesetzt hatte. Doch dann kam Anfang März die Verhängnisvolle Reise nach Barcelona, wo man selbst mit 1:6 unter die Räder geriet und sich blamiert aus der Königsklasse verabschiedete. Der Protagonist damals mit 2 Toren und 2 Vorlagen? Ein gewisser Neymar.
Und so schließt sich der Kreis dieses irrsinnigen Transfers, der jegliche bisher gekannten Grenzen sprengt und sicherlich eine Kettenreaktion mit sich zieht, auf die man seinerzeit beim Domino-Day auf RTL neidisch gewesen wäre. Inwieweit die Zahlung der Ablösesumme durch den PSG, den Staatsfonds von Katar oder wen auch immer dem Financial Fairplay der UEFA entspricht, das sollen andere entscheiden. Eine Bestrafung eines „Big Players“ mit einem Haufen von Starspielern, also einer Hauptattraktion der UEFA-Zirkus, ist in meinen Augen unwahrscheinlich, denn die Herren in Nyon am schönen Lac Leman werden kaum den Ast absägen, auf dem es sich so gemütlich sitzt.
Daher bleibt uns, dem Fußballfan, nur eines übrig: Akzeptieren, dass es schon lange nicht mehr nur um Tore und Emotionen geht, sondern vor allem auch um Macht, Geld, Prestige und verletzten Stolz einiger reicher Männer. Denn auch Neymar ist sicherlich nicht nur wegen der sportlichen perspektive oder dem leckeren Baguette nach Frankreich gegangen. Schließlich sind 30 Millionen netto ein nettes Jahressalär und aus dem Schatten von Messi zu treten ein Boost für das Ego eines jeden Fußballers.
Am langen Ende bleibt die stille Hoffnung, dass der Markt sich irgendwann selbst reguliert und der Fußball nicht kaputt geht. Denn was den Sport so einmalig macht ist nicht die wirtschaftliche Seite, sondern die Emotionen der Fans und die bedingungslose Liebe zum Spiel.