Nach einer ebenso ereignisreichen wie schockierenden Europapokal-Woche hielt die Bundesliga pünktlich zum Osterwochenende den 29. Spieltag parat. Irgendeine positive Ablenkung von den üblichen Familienfeierlichkeiten muss es ja geben – und in Form von Fußball war diese am Wochenende auch noch äußerst lohnenswert.
Beginnen wir in Dortmund, wo der feige und hinterlistige Anschlag auf den Mannschaftsbus unter der Woche vieles verändert hat. Nicht nur die Aufstellung der Borussia, wo Marc Bartra nach seiner schweren Armverletzung vorerst nicht zur Verfügung steht, sondern auch in der Wahrnehmung des Fußballs und der damit verbundenen Sicherheitsdebatte. Davon unbeeindruckt präsentierten sich die Spieler des BVB beim Heimspiel gegen die kriselnde Eintracht aus Frankfurt. Allen voran Marco Reus sprühte direkt vor Spielfreude und feierte sein Comeback, wie es sich für Ostern gehört, standesgemäß mit einem Hackentor bereits nach zwei Minuten. Nur sieben Minuten später hatte Marco Fabian am Ende eines Konters dann den Ausgleich auf dem Kopf, wollte das Ei aber scheinbar aus Prinzip nicht ins Nest legen und köpfte stattdessen neben das leere Tor. Zwanzig Minuten später hatte er sich dann seine Großzügigkeit dann aber anders überlegt und zimmerte den Ball kurzerhand von der Strafraumkante zum Ausgleich in den Winkel. Ein klassischer Fall von wieso einfach, wenn es auch kompliziert geht. Nur fünf Minuten später besonn sich dann Sokratis augenscheinlich auf den Geist von Ostern und begann an sein persönliches Wunder zu glauben. Der Grieche mit dem sperrigen Nachnamen (Papastathopoulos) tanzte von der Mittellinie beweglich wie ein Kühlschrank durch die sichtlich überraschte Frankfurter Hintermannschaft, fasste sich ein Herz und donnerte das Spielgerät zur erneuten Führung für den BVB unhaltbar in die Maschen.
Nach der Pause verflachte die Partie dann zunehmend – die Teams bissen sich aneinander schlichtweg die Zähne aus wie an altem Brot – bis Aubameyang nach 86 Minuten mit seinem 26. Saisontor endgültig den Deckel drauf machte und seinen Farben so schöne Feiertage schenkte.
Etwas ähnlich positives erhoffte man sich auch in Mainz, waren die 05er nach zuletzt fünf Niederlagen in Serie dem Tabellenkeller doch bedrohlich Nahe gekommen. Glücklicherweise war mit der Hertha aus Berlin ein Team zu Gast, was zuletzt Auswärts nicht über die Gefährlichkeit einer Feder im Wind hinaus kam. Da auch die Zuschauer euphorisch und geschlossen hinter dem eigenen Team standen, blieb den Gastgeber gar nichts anderes übrig, als die Hertha hinten einzuschnüren wie Damen im Korsett.
Trotzdem dauerte es bis kurz vor der Halbzeit, bis der Erfolgswille auch zählbar wurde. Danny Latza, das Mentalitätsmonster dieses Spiels, hielt aus 16 Metern dann einfach mal drauf und überzeugte Brooks auf Seiten der Gäste so sehr von seinem Willen, dass dieser kurzerhand den Kopf in den Schuss hielt und diesen so ins Netz beförderte. Zwar versuchten die Berliner nach der Pause auch mal schüchtern ihr Glück in der Offensive, blieben aber erfolglos und konnten so lediglich mit der achten Auswärtsniederlage in Serie die Heimreise in die Hauptstadt antreten. Mainz hingegen gelang so ein von purem Willen ermöglichter Sieg im Abstiegskampf.
Das gleiche Ziel verfolgten die Schanzer nach drei Siegen in der englischen Woche nun auch beim Gastspiel und gleichzeitig Abstiegsgipfel in Wolfsburg. Dummerweise schien beiden Teams in selbiger irgendwie die Puste ausgegangen zu sein wie den Kandidaten von The Biggest Loser beim Treppensteigen, denn in der ersten Halbzeit hatte das Spiel so viele Höhepunkte wie Nonnen im Kloster. Erst kurz vor der Pause änderte sich auf der Anzeigetafel etwas anderes als die Spielzeit: Ingolstadts Suttner wollte eine Hereingabe von Gerhardt klären, legte sich das Ei aber stattdessen ins eigene Nest.
Trotz Pausentee blieben die Schanzer passiv, als würden sie am Schalter einer Behörde arbeiten und ließen die Gastgeber das Spielgeschehen kontrollieren. Mit der Führung im Rücken gelang dies den Wölfen gut und Malli sowie Gomez, wer auch sonst, erhöhten noch bis zum 3:0 Endstand. Für den FCI bedeutet dies einen herben Rückschlag im Überlebenskampf, für den VfL hingegen mal wieder eine kleine Befreiung.
Währenddessen trafen in Augsburg mit dem FCA und dem 1. FC Köln zwei Teams aufeinander, die seit Wochen ihre Form suchen wie die Deutschen ihren Impfpass vor der Grippesaison. Die Geißböcke befanden sich trotzdem noch in aussichtsreicher Lage im Schneckenrennen nach Europa, die Augsburger hingegen stecken nach sechs Spielen ohne Sieg bis zum Hals in Abstiegssorgen. Dies änderte sich zwar nur bedingt, aber immerhin konnte nun die Sieglos-Serie beendet werden. Dabei nutzten die Gastgeber die Tatsache, dass den Kölnern scheinbar immer noch niemand einen Wecker zur Verfügung gestellt hat, denn sie verschliefen mal wieder die Anfangsphase komplett. Diesmal war es Hinteregger, der sich nach fünf Minuten für die Hauptrolle in „Martin allein im Strafraum“ bewarb und eine Ecke so problemlos im Tor unterbringen konnte. Osako hatte auf der Gegenseite dann die Riesenchance zum Ausgleich, schob den Ball allerdings aus zwei Metern neben das Tor, was definitiv das größere Kunststück war, als ihn einfach über die Linie zu drücken. Stattdessen tollpatschte Sörensen nach 29 Minuten durch den eigenen Strafraum, holzte dabei Danso um und ermöglichte so dem Augsburger Kapitän Verhaegh auf 2:0 zu erhöhen.
Die andauernde Tiefschlafphase bei den Gästen endete dann abrupt in der 60. Minute, als Philipp Max den FC per Eigentor im Gewühl wieder heran brachte. Die Schlussphase wurde dann bunt wie die Eier im Osternest, denn die Karten flogen nur so umher. Koo und Finnbogason taten sich dabei als besonders eifrig hervor und flogen mit Gelb-Rot bzw Rot vom Platz. Trotzdem gelang den Gästen aus der Domstadt der Ausgleich nicht mehr, sodass der FCA zumindest drei Punkte feiern durfte, auch wenn der Relegationsplatz weiterhin dem Team der Puppenkiste gehört.
Von diesen Gefilden ist man derzeit in Hoffenheim so weit entfernt, dass man sie wohl nur vom Hörensagen kennt. Im Kraichgau geht es um nicht weniger als die direkte Qualifikation für die Championsleague, sodass man am Samstag augenscheinlich spontan mal das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach in beste Videospiel-Sphären verlegt hat – inklusive eines Schiedsrichters, der fast mehr falsch als richtig machte. Schon in der neunten Minute eröffnete Szalai den Reigen, als er aus der Nahdistanz (im Abseits) abstaubte wie Mama beim Frühjahrsputz. 15 Minuten später erhöhte der Ungar auf 2:0 und alles schien, als würde es ein lockerer Spaziergang für die Gastgeber werden. Aus dem Nichts stellte Vestergaard aber den Anschluss wieder her bevor Hofmann einen Ball von Keeper Baumann klar mit der Hand stoppte und Dahoud Stindl zum überraschenden Ausgleich auflegte. Nach der Pause kamen die Fohlen dann zwar besser aus der Kabine, es war aber Hoffenheim, das wieder in Führung ging. Demirbays Freistoßflanke wanderte unberührt ins Tor wie ein Sammlerstück in Originalverpackung in die Vitrine bevor der eingewechselte Uth nach 75 Minuten ein fröhliches Ostertänzchen auf den Rasen legte und aus diesem heraus den Ball humorlos zum 4:2 in den Winkel knallte.
Aber auch damit war es noch nicht genug. Dahoud stellte den Zähler noch auf 4:3 bevor Kramaric kurz vor Schluss noch Jesus spielte. Der Stürmer ging im Strafraum im Duell mit Christensen zu Boden, feierte aber umgehend seine Auferstehung und chippte den Ball anschließend himmlisch über Keeper Sommer an den zweiten Pfosten, wo Demirbay nur noch zum 5:3 Endstand einnicken brauchte. Da bleibt nur eins zu sagen: Prädikat Wahnsinnsspiel.
Dieses Prädikat konnte in Leipzig am Samstag zwar nicht vergeben werden, trotzdem gab es beim Duell der Aufsteiger ein durchaus unterhaltsames Spiel. Die Leipziger spielten dabei von Anfang an so aufgedreht, als hätten sich die Spieler vorher das Getränk des Hauptsponsors intravenös zuführen lassen. Zählbar wurde diese Überlegenheit dann aber erst nach 36. Minuten, als Poulsen Gegenspieler Söyüncü im Luftduell aussehen ließ wie ein kleines Kind am hohen Supermarktregal und so zum 1:0 einköpfte. Noch vor der Pause schickte eben dieser Poulsen Kollege Werner wohl temperiert auf die Reise Richtung Freiburger Tor, wo dieser eiskalt zum 2:0 verwertete. Kurz nach der Pause spielte sich Keita dann per doppeltem Doppelpass mit Freund und Feind in den Strafraum und schloss gekonnt zum 3:0 ab. Zwar mühten sich die Gäste aus Freiburg, gegen zuletzt wieder erstarkte Bullen aus Leipzig reichte dies aber einfach nicht. So war es dann auch an den Gastgebern, den Schlusspunkt zu setzen. In der Schlussminute tauschte Diego Demme einen Schneidezahn gegen sein erstes Bundesligator und sorgte so für den 4:0 Endstand – ein fragwürdiger Tausch.
Die Rasenballsportler aus Leipzig sicherten sich mit diesem Sieg bereits das Ticket für die CL-Qualifikation während der SCF sich in die Reihe derer begab, die sich um die Europaleague streiten, ohne zu gewinnen.
Am Abend empfing dann mit Bayer Leverkusen ein weiterer dieser Vertreter, die noch nach Europa blinzeln, mit dem FC Bayern München den Branchenprimus schlechthin. Was ein Topspiel sein sollte, stellte sich in der ersten halben Stunde allerdings eher wie eine Autobahn bei Nacht dar: Es war schlichtweg gar nichts los. Dann übernahmen die Gäste aus München das Zepter und sollten es auch bis zum Ende nicht mehr abgeben. Allerdings konnte man auch nach der 32. Minute bereits erahnen, dass auch der Rekordmeister kein Tor mehr schießen würde. Denn die Szenen im Bayer-Strafraum waren als Slapstick kaum zu überbieten. Alaba, Martinez und schließlich Vidal scheitern an der Bayer Defensive, während Torhüter Leno durch den Strafraum irrte wie ein kopfloses Huhn, am Ende aber irgendwie den Ball zu fassen bekam, nachdem Toprak in höchster Not auf der Linie gerettet hatte.
Auch danach hatten die Bayern Chancen in Hülle und Fülle, den Weg ins Netz fand allerdings keine von ihnen. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass die Werkself mehr als 30 Minuten in Unterzahl agieren musste, nachdem Jedvaj sich per Ampelkarte zum Duschen verabschiedet hatte – vielleicht wartete seine Familie ungeduldig am Esstisch, war ja schließlich Ostern. So blieb es am Ende beim 0:0, was Leverkusen nicht voran bringt, dem FCB aber gleichzeitig auch nicht wirklich weh tun wird.
Schmerzen wollten derweil Weder Bremen und der Hamburger SV am Sonntagnachmittag unbedingt vermeiden, ging es schließlich mal wieder um einen Sieg im Nordderby, wo man sich bekanntlich weniger gönnt als Eheleute vor dem Scheidungsrichter. Da auch noch zwei der heißesten Teams der Stunde aufeinander trafen, Weder immerhin seit acht Spielen ungeschlagen, der HSV mit vier Siegen aus den letzten sechs Partien, konnte man einiges erwarten. Und man sollte nicht enttäuscht werden: Die Bremer gingen schneller ran als ein Mann bei einer Dame des horizontalen Gewerbes und so kam Maserati Max Kruse bereits nach 35 Sekunden zum ersten Abschluss und zwang Mathenia im HSV Tor zu einer Glanztat. Auf der Gegenseite war es dann Gregoritsch, der mit der ersten Chance eine Flanke von Aaron „Judas“ Hunt, wie man den Ex-Bremer liebevoll nennt, per Kopf zur Führung einnetzte. Die Stehaufmännchen von der Weser schüttelten sich aber nur kurz und suchten dann weiter ihr Heil in der Offensive. Am Ende eines Bilderbuchkonters krönte Kruse dieses Engagement mit dem verdienten Ausgleich. Nach der Pause legten die Gäste dann ihr Spiel zunehmend aufs Zerstören aus wie Verteidiger in der Kreisliga während Bremen nur eins wollte: Den Derbysieg. Und diesen sollte Joker Kainz für die Grün-Weißen besorgen. Per Flachschuss ins kurze Eck traf der Österreicher zum 2:1 und besiegelte somit das neunte ungeschlagene Spiel in Folge für sein Team.
Dem HSV bleibt nichts anderes übrig, als sich die Wunden zu lecken und aufzupassen, nicht doch nicht wieder auf dem geliebten Relegationsplatz zu laden. Werder hingegen pirscht sich nach oben und steckt plötzlich mittendrin im Bummelzug Richtung Europaleague.
In diesem Bummelzug sitzt aus unerfindlichen Gründen auch der FC Schalke 04, der nach dem peinlichen Auftritt in Amsterdam unter der Woche nun zu Gast beim Kellerbewohner Darmstadt 98 zu Gast war. Für die Lilien war dies ein klassisches Do-or-die Spiel: alles außer einem Heimsieg hätte den sofortigen Abstieg bedeutet. Da sich die Schalker Defensive allerdings am Ostersonntag scheinbar auf Eiersuche befand, konnte Mario Vrancic sein Team nach elf Minuten problemlos in Führung bringen. Bis zur Halbzeit gab es dann trotz Ende der Fastenzeit reichlich Magerkost auf beiden Seiten. Nach 58 Minuten wurden die Zuschauer dann aber wieder wach, als Sulu Caligiuri im Strafraum zu Fall brachte und Burgstaller vom Punkt kläglich an Keeper Esser scheiterte wie Teilnehmer des Dschungelcamps beim Aufbau einer seriösen Karriere. Die Knappen rannten aber weiterhin wütend an und wurden durch Coke mit dem Ausgleich belohnt. Von da an sollte es aber für die Gäste, wie sollte es auch anders sein wenn es um die Europaleague geht, nur noch bergab. Erst flog Kehrer nach einer vermeintlichen Notbremse nach 81 Minuten vom Platz und zu allem Überfluss, aus Schalker Sicht, traf Jerome Gondorf, die namentliche Verkörperung für all das, was Darmstadt 98 ausmacht, in der Nachspielzeit zum 2:1 Sieg.
Der Jubel der Hausherren war in der Folge groß, auch wenn man ehrlich sagen muss, dass dieser Sieg den Abstieg wohl nur um eine Woche herauszögert.