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Bundesliga 30. Spieltag: Angst essen Seele auf

Die Bundesligasaison rast förmlich dem Ende entgegen und ist so eng wie manche Leggins, die man auf der Straße zu sehen kriegt und bei denen man nicht um das Bild einer Wurst in der Pelle vorbei kommt. Kein Wunder also, dass sich unter der Woche mal eben alle drei verbliebenen Bundesligisten aus den europäischen Wettbewerben verabschiedet haben, um sich auf die heimische Liga zu konzentrieren.

Zum Auftakt des 30. Spieltags trafen am Freitagabend allerdings zwei Teams aufeinander, deren internationale Erfolge schon länger her sind als die der meistens Dschungelcamp-Kandidaten bzw. noch nie vorhanden waren, was ebenfalls auf so manchen Kandidaten in der Verwurstungsanlage von RTL zutrifft: der 1. FC Köln und die TSG Hoffenheim. Und trotz eines offensiven Starts der Gäste aus dem Kraichgau, blieb es bis zur Pause torlos – der 1. FC Köln hatte nach den extrem schläfrigen letzten Wochen augenscheinlich den Wecker gefunden. Nach dem Pausentee waren es dann sogar die Geißböcke, die druckvoller aus der Kabine kamen und über den starken Klünter (nein, das ist nicht das Süßungsmittel für den Ostfriesentee) in Kollaboration mit Jonas Hector durch Leonardo Bittencourt nicht unverdient in Führung gingen. Danach gelang es den Geißböcken sogar, die äußerst potente Offensive der Hoffenheimer nahezu lahm zu legen, sodass alles nach dem vierten Heimsieg der Rückrunde aussah. Dummerweise hatte Demirbay auf Seiten der Gäste was dagegen: einen unglücklichen Querschläger von Osako versenkte der Offensivspieler chirurgisch genau in der linken Ecke und sicherte seinem Team damit nicht nur den Punkt, sondern auch die erstmalige Qualifikation für den europäischen Wettbewerb. Unschöne Nebenerscheinung während des Spiels: Teile des Kölner Anhangs fielen vermehrt durch Schmähgesänge und -plakate gegen Hoffenheims Mäzen Hopp auf, die nicht nur jeglichen Humor vermissen ließen sondern auch absolut daneben waren – ein Armutszeugnis, dass es zu bestrafen gilt.

Schmähplakate gegen Dietmar Hopp in der Kölner Kurve (Quelle: Welt.de)

 

Deutlich friedlicher und gesitteter ging es dann am Samstag in München zu, wo der FC Bayern nach dem unglücklichen Ausscheiden gegen Real Madrid nun den FSV Mainz 05 empfing. Arturo Vidal schien zum Anpfiff mit seinen Gedanken noch im Bernabeu zu sein, wo er mit dem schwachen Schiedsrichter Kasaai debattierte. Der Chilene ließ einen Ball nämlich am eigenen Strafraum lässig in die Füße des Mainzers Bojan abtropfen, der sich durch die Beine von Keeper Ulreich mit dem 1:0 für die Gäste bedankte.

Bojan bringt die Mainzer bereits nach 3 Minuten in Führung (Quelle: Kicker.de)

Diese Führung hielt aber nur 13 Minuten, denn dann schlug das rüstige Rentnerduo RibRob wieder einmal zu und der nimmermüde Niederländer erzielte den Ausgleich am Ende eines Konters im eigenen Stadion. Trotzdem agierten die 05er in der Folge weiter mutig und schalteten immer wieder gut und zügig um wie zuhause am Fernseher. Das sollte kurz vor der Pause dann belohnt werden, als Behelfs-Innenverteidiger Kimmich Mutos Schienbein im Strafraum streichelte und Brosinski vom Punkt zur erneuten Führung traf. Ich weiß nicht, was dann in den Kabinen geschah, aber die Teams betraten wie ausgetauscht den Rasen. Während die Bayern dauerhaft Druck machten wie bei Verstopfung auf der Toilette kam von den Gästen absolut gar nichts mehr. Diese Passivität sollte sich dann nach 73 Minuten rächen: Die komplette Defensive konzentrierte sich auf Robben wie norwegische Robbenklopper, sodass Thiago den Ball so blank annehmen konnte wie ein frisch geputztes Badezimmer. Quaison rutschte entsprechend aus und der spanische Regisseur vollendete flach zum 2:2 Ausgleich, der gleichbedeutend mit dem Endstand war. Für die müden Bayern bedeutete das zwei verlorene Punkte im faden Alltagsgeschäft Bundesliga, für die Mainzer hingegen einen wichtigen Zähler im Abstiegskampf.

Auf diesen hatten die Wölfe sicherlich auch in Berlin spekuliert, vor allem, nachdem man bereits in den ersten sechs Minuten mit zwei hochkarätigen Chancen an Hertha Keeper Jarstein scheiterte. Während die Berliner Verteidiger noch damit beschäftigt waren, ihre gewohnten Abwesenheitsmeldungen von Auswärtsspilen zu löschen, war der Norweger im Kasten bereits auf Betriebstemperatur und hielt sein Team im Spiel. Auch danach waren die Gäste aus der Autostadt besser im Spiel – alte Damen wie die Hertha brauchen ja manchmal etwas, um warm zu werden. Nach 59 Minuten war es dann Ibisevic, wer auch sonst, der Doppelkopf mit Casteels im Wolfsburger Kasten spielte und den zweiten Kopfball zur Führung im Tor unterbrachte.

Ibisevic köpft die Hertha im Nachsetzen in Führung (Quelle: Kicker.de)

Da die Defensive der Berliner mittlerweile auch im Heimspiel-Modus angekommen war und den Wölfen nichts mehr einfiel, blieb es letztlich beim etwas schmeichelhaften Heimsieg für Pal Dardai und seine Mannen, die damit weiterhin Kurs auf Europa gesetzt haben.

Diesen Kurs hätte man sicherlich gerne auch in Hamburg eingeschlagen, stattdessen bleibt man aber in altbekannten Gewässern und schippert zielstrebig Richtung Relegation. Da kam das Heimspiel gegen den eigentlich schon toten SV Darmstadt 98 gerade recht, um endlich mal wieder so richtig zu versagen. Dabei fingen die „Fans“ der Gastgeber schon vor dem Anpfiff an, als sie das ganze Stadion in Rauch hüllten – womöglich ahnten sie bereits, dass das bevorstehende Spiel so besser zu ertragen sein würde.

Rauchschwaden in Hamburg verzögerten den Anpfiff (Quelle: Kicker.de)

Denn egal was man an diesem Nachmittag gemacht hätte, egal ob die Steuererklärung, Unkraut jäten in den Fugen der Terrasse oder Rezepte ausschneiden aus Hausfrauen-Magazinen, es wäre unterhaltsamer gewesen als das Spiel auf dem Rasen. Den Gästen, die immerhin zuvor in 14 Auswärtsspielen dieser Saison sage und schreibe 0 Punkte ergattert hatten, reichten eine solide Defensive und zwei Minuten zu Beginn der zweiten Halbzeit aus, um den zuletzt heimstarken Bundesliga-Dino in ein zahnloses Plüschtier zu verwandeln. Selbst den Anschlusstreffer in der Nachspielzeit musste Holland für den HSV per Eigentor erlupfen. So standen für die Lilien am Ende die ersten Auswärtspunkte in der Statistik und der nahezu sichere Abstieg wurde um eine weitere Woche verschoben.

Vom fast sicheren Abstieg ist man in Ingolstadt noch ein bisschen weiter entfernt, den Anschluss zum Relegationsplatz hat man aber auch noch nicht so richtig wieder hergestellt. Dies sollte nun im Heimspiel gegen Werder Bremen gelingen und zunächst sah es auch gut aus. Der FCI startete engagiert während Werder zunächst nichts ins Spiel fand wie ein Betrunkener den Weg heraus aus einer Drehtür. Nach etwas mehr als einer halben Stunde nutzte Verteidiger Tisserand diesen Zustand zu einem kurzen Tänzchen und anschließendem gemütlichen Spaziergang durch das Mittelfeld. Als ihm das zu langweilig wurde, schickte er denn Ball präzise zu Lezcano, der gekonnt zur Führung einnetzte. Wirklich alles sprach für die Schanzer, bis Tisserand im eigenen Strafraum gegen den einschussbereiten Bartels das unabwendbare zu retten versuchte wie eine Mutter den verbrannten Kuchen mit einer extra Portion Puderzucker.

Tisserand senst Bartels um – klarer Elfmeter (Quelle: Kicker.de)

Den fälligen Strafstoß verwandelte Kruse lässig wie ein cooler Oberstufenjunge auf dem Schulhof zum Ausgleich aus heiterem Himmel. Nach 62 Minuten waren es trotzdem wieder die Schanzer, die in Führung gingen: Cohen spielte Fallobst im April und ergaunerte gegen Moisander einen Elfmeter, den Groß zum 2:1 in die Maschen schoss. Wer nun aber dachte, der beeindruckende Bremer lauf würde im beschaulichen Ingolstadt enden, der hatte die Rechnung ohne Max Kruse gemacht. Der Maserati unter den Bremer Spielern schaltete mal eben ein paar Gänge hoch, drehte in der Schlussphase das Spiel auf 4:2 und schnürte dabei mal kurz und knackig einen Viererpack. Der Typ hat momentan einen solchen Lauf, den könnte man verkatert nach einer langen Pokernacht von einer Frau runterholen und ihm nen Ball zuwerfen, der würde auch den noch in den Winkel knallen. Dadurch blieb Werder nun auch im zehnten Spiel in Folge ungeschlagen und steuert mit Vollgas auf der linken Spur nach Europa.

Eher an einen alten VW Jetta samt Dachgepäckträger und angehängtem Wohnwagen erinnerte dagegen zuletzt die Reise der Frankfurter Eintracht in die gleiche Richtung. Ganze zehn Spiele warteten die Hessen bereits auf einen Sieg und auch gegen den FC Augsburg ging es alles andere als gut los. Bereits nach neun Minuten tauchte Jeffrey Gouweleeuw, der Mann mit einem Namen, der seine Herkunft kaum besser darstellen kann, im Frankfurter Strafraum auf und brachte die Gäste in Führung. Es sollte bis zur 78. Minute dauern, bis die Eintracht eine wirkliche Antwort fand. Dann übernahm Fabian das Runder und erzielte der Ausgleich per Kopf, wobei er den Ball zärtlicher ins Tor streichelte als seine Geliebte zuhause. Drei Minuten vor Schluss war es dann erneut Fabian, der Ping Pong mit Hintereggers Kopf spielte und anschließend wuchtig zur Frankfurter Führung einnetzte. Den Schlusspunkt setzte in der Nachspielzeit schließlich der agile Rebic, als er Keeper Hitz den Ball stibitzte wie ein Teenie den Fusel aus Papas Vorrat und zum 3:1 Endstand ins leere Tor einschob.

Freudige Gesichter zum Ende der Frankfurter Durststrecke (Quelle: Kicker.de)

Die Eintracht beendete somit ihre lange Durststrecke und schickte den FCA mit ebenso langen Gesichtern wieder nach Hause – immerhin wurde der Relegationsplatz durch dieses Ergebnis bittere Realität für die Augsburger.

Lange Gesichter gab es unter der Woche auch in Dortmund, nachdem der BVB gegen den AS Monaco letztlich deutlich aus Europas Eliteklasse geflogen war wie ein Unruhestifter aus dem Klassenzimmer. Beim Gastspiel im Borussiapark zu Mönchengladbach sollte das ganze nun anders Laufen und der richtige Weg dafür wurde bereits nach zehn Minuten eingeschlagen. Dahoud trat Pulisic an der Strafraumgrenze auf den Fuß wie ein ungeschickter Mann beim Hochzeitstanzkurs und wurde dafür mit einem fragwürdigen Elfmeter bestraft – Freistoß wäre wohl die richtige Entscheidung gewesen. Reus machte sich nichts draus und brachte seine Borussia in Führung. Diese hielt allerdings nur bis kurz vor der Pause, als der eingewechselte Merino die Orientierung verlor wie Autofahrer, die auf ihr Navi hören und plötzlich samt Auto im Hafenbecken liegen, und den Ball direkt in die Füße von Hahn spielte. Dieser bediente im Strafraum Stindl zum 1:1 Halbzeitergebnis. Direkt nach dem Seitenwechsel brachte Wendt dann einen Ball flach in die Mitte, wo Schmelzer seine Füße nicht koordinieren konnte wie nach einer Narkosebehandlung beim Zahnarzt und die Fohlen per Eigentor sogar in Front brachte. Den BVB konnte dann nur noch einer retten: Pierre-Emerick Aubameyang. Der Knipser vom Dienst wurde zunächst geschont und konnte sich nur mit seiner imaginären Kamera auf der Bank schon einmal warm knipsen.

Auba knipst sich auf der Bank schonmal warm (Quelle: Kicker.de)

Nach 57 Minuten leuchtete dann seine Nummer auf der Tafel für die Einwechslung und nur zwei Minuten später stand es 2:2 und sein Tore-Konto bei 27 – höher als der Kontostand so manches Fans zum Zeitpunkt dieses Monats. Als dann Guerreiro kurz vor Schluss einen Castro Freistoß mit den Haarspitzen ins lange Eck verlängerte und Torhüter Sommer nur hinterherschauen konnte wie ein Bauarbeiter knappen Höschen auf der Straße, war die Dortmunder Welt wieder in Ordnung und der 3:2 Auswärtssieg eingetütet. Für die gelb-schwarze Borussia ein Schritt näher heran an die direkte CL-Quali, für die grün-weiß-schwarze Borussia hingegen ein Rückschlag auf dem Weg zur Europaleague-Qualifikation.

In Leverkusen war man mit den gleichen Ambitionen in die Saison gestartet, hat sich aber mit dem Trainerwechsel von Roger Schmidt zu Tayfun Korkut (Quelle Titelbild: Kicker.de) anders entschieden und wollte mal etwas Neues ausprobieren, nämlich Abstiegskampf. Da kam das Gastspiel in Freiburg gerade Recht, denn der SCF hat in dieser Saison auf diese Rolle in der Liga keine Lust und knipste sich durch Petersen nach einem Zuckerpass von Frantz nach elf Minuten in Front. Der Edeljoker kann es also auch von Beginn an.

Nils Petersen bejubelt sein frühes Tor (Quelle: Kicker.de)

In der Folge hatte die Werkself dann zwar deutliche Vorteile im Ballbesitz, wusste mit dem Spielgerät aber so wenig anzufangen wie ein Meerschweinchen mit einem Taschenrechner. Bis zur 60. Minute brannte nichts an aus Sicht der Gastgeber. Dann aber ging Ignjovski mit einer Grätsche im Strafraum unnötig Risiko ein wie mit Durchfall zu Niesen und holte Volland von der Beinen. Dieser glich anschließend vom Punkt aus und weckte damit beide Teams wieder auf – zumindest kurzzeitig. Danach ging das Lauern wieder los, für ein Team wie Bayer Leverkusen fast schon ein Armutszeugnis, ehe der eingewechselte Stenzel zwei Minuten vor Schluss den Siegtreffer für die Breisgau-Boys besorgte, die somit ein ganz heißes Eisen im Kampf um die Plätze 5 und 6 bleiben.

Auf diese Plätze schielt man auch in Gelsenkirchen noch wie ein Kind in der Grundschule mit einem abgeklebten Brillenglas, nachdem man unter der Woche die Chance auf den Titel der Europaleague im Viertelfinale leichtfertig aus der Hand gegeben hat wie der Mann die Kreditkarte an seine junge Affäre. Zu Gast war mit RB Leipzig aber der Aufsteiger, den eigentlich niemand als solchen betrachtet und der sich auch ganz und gar nicht wie einer präsentiert. Auch auf Schalke legten die Bullen los wie die Feuerwehr und gingen nach 14 Minuten durch Werners Kopfball verdient in Führung. Danach wurden die Knappen dann langsam wach, ohne allerdings so richtig gefährlich zu werden. Dafür machte der Hunter Klaas-Jan Huntelaar exakt 40 Sekunden nach Wiederanpfiff seinem Namen alle Ehre und glich die Partie doch etwas überraschend aus.

Der Hunter netzt auf seine alten Tage nochmal kurz nach der Pause (Quelle: Kicker.de)

Die restlichen 44 Minuten hätte man sich dann eigentlich sparen können, denn es passierte nicht mehr wirklich etwas. Zwar liefen noch ein paar vielversprechende Angriffe, vor allem auf Seiten der Gastgeber, etwas zählbares sprang dabei aber nicht heraus. So blieb es am Ende beim letztlich gerechten Remis, was es vor allem für den FC Schalke nicht einfacher macht, die bereits heruntergeschraubten eigenen Ziele noch zu erreichen.

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