Es wird mehr und mehr zur Gewissheit: Die Bundesligasaison 2016/2017 hat ein Ende und es rückt immer näher. Am Wochenende stand nun mit der 31. Runde der letzte gestückelte Spieltag auf dem Programm, bevor an den kommenden beiden Wochenenden jeweils Samstag die volle Bundesligadröhnung mit neun parallelen Spielen geboten wird.
So kam es zwischen dem 1.FC Köln und Werder Bremen zum letzten Freitagsspiel der Saison und beide Teams hatten sich scheinbar vorgenommen, nochmal so richtig auf die Kacke zu hauen. Was die beiden Teams im direkten Duell um die Europaleague auf dem Platz ablieferten war von Anfang bis Ende ein einziges Spektakel. Mit dem Anpfiff übernahmen die Geißböcke das Kommando und schnürten die Bremer hinten ein wie Papa den Sprössling im Kindersitz auf der Rückbank. In den ersten dreißig Minuten kamen die Bremer kaum zum Luftholen wie auf einer öffentlichen Toilette ohne Reinigungspersonal und gerieten in dieser Phase fast schon zwangsläufig in Rückstand. Zunächst drückte Modeste aus kürzester Distanz den Ball nach einer Ecke über die Linie bevor der bärenstarke, aber nur 1,70 großeBittencourt mit purem Willen eine maßgeschneiderte Flanke von Klünter per Kopf zum 2:0 veredelte.
Die frühe Vorentscheidung? Keineswegs! Denn wie vom Wecker aus dem Albtraum gerissen waren die Gäste plötzlich hellwach und übernahmen komplett das Zepter von den Kölnern. Junuzovic schickte Bartels auf die Reise, der vor Horn cool blieb und per Lupfer auf 1:2 verkürzte bevor nach 40 Minuten Gebre Selassie völlig allein durch die Kölner Flugverbotszone segelte und den Ausgleich per Kopf besorgte. Nun schwammen die Geißböcke hilflos wie eine Fliege im Wasserglas und kassierten fast noch durch Gebre Selassie das 2:3. Stattdessen brachte der folgende Abschlag die erneute Führung für den FC: Nach gezieltem Doppelkopf von Modeste und Bittencourt tauchte Zoller allein vor Wiedwald auf und hob gefühlvoll, wie ihn wohl sonst nur Ehefrau Laura Wontorra kennt, den Ball über den Keeper ins Netz. Wer nun dachte, damit müsste das Pulver ja verschossen sein, der lag erneut daneben. Es dauerte nur zwei Minuten, da zappelte schon wieder der Ball im Netz der Bremer – Modeste hatte eine missglückte Abwehr von Sane ins kurze Eck geprügelt. Danach entschieden die Kölner Baumeister sich dafür, Beton anzurühren und die Gäste kommen zu lassen. Trotz Dauerdruck wie in der U-Bahn in Tokyo bis zur Schlussminute, sollte es aber nicht für mehr als den Treffer zum 3:4 aus Bremer Sicht durch Gnabry reichen. Die schöne Bremer Serie nahm also ein jähes Ende mit dem Kölner Feuerwerk und die Geißböcke träumen weiter von europäischen Reisen im Sommer.
Beim alten und neuen deutschen Meister aus München kennt man solche Träume nicht, ist die Teilnahme am europäischen Wettbewerb im Freistaat doch so selbstverständlich die tägliches Zähneputzen oder der jährlich steigende Maß-Preis auf dem Oktoberfest. Gegen Darmstadt schickte man wohl auch deswegen nur eine verbesserte B-Elf auf den Rasen, in der sogar Seniorenkeeper Tom Starke einen Platz fand, da Sven Ulreich sich beim Abschlusstraining verletzt hatte. In einem vor sich hin plätschernden Spiel war es an Linksverteidiger Juan Bernat, für ein Highlight zu sorgen. Der Spanier bekam nach 18 Minuten von Ribery den Ball im Strafraum, legte eine flotte wie elegante Sohle aufs Parkett als wäre er bei Let’s Dance und verwandelte dann abschließend gekonnt zum 1:0 Pausen- und auch Endstand. Viel passierte nicht mehr, und in der Schlussphase war es der SV Darmstadt 98, der noch was versuchte, allerdings stets am gut aufgelegten Tom Starke scheiterte. Kurz vor Schluss dachte sich dann Bernat, so viel Mut müsse belohnt werden und Riss grundlos einen der harmlosesten Stürmer der Liga im Strafraum um: Sven Schipplock. Zum fälligen Strafstoß trat Ex-Bayer Hamit Altintop an, aber auch er konnte Starke nicht bezwingen.
Daher verabschiedeten sich die Lilien nach 90 Minuten erhobenen Hauptes, aber trotzdem mit einer Niederlage auch rechnerisch aus der Bundesliga. Machts gut ihr tapferen Kirmeskicker.
Diesen bitteren Gang tunlichst vermeiden möchte der FC Augsburg, der nach dem zuletzt vernichtenden Sieg gegen den HSV nun in Mönchengladbach gefordert war, wo die Borussia noch deutlich auf die internationalen Plätze schielte. Nach viel Leerlauf wie auf dem Bergheimer Hubertusmarkt um die Mittagszeit waren es dann trotzdem die Gäste aus Augsburg, die stärker wurden und sich erste kleinere Chancen erarbeiteten. Die Fohlen hingegen grasten bei Sonnenschein gemütlich vor sich hin anstatt wirklich am Spiel teilzunehmen. Nach 57 Minuten bekamen die Gladbacher dann einen eigenen Einwurf um die Ohren gehauen wie Schüler ein schlechtes Zeugnis von den Eltern und Finnbogason läuft plötzlich Richtung Gladbacher Tor. Der Isländer schickte mit einem lockeren Hüftschwung dann noch Christensen zu Boden und verwandelte dann zur verdienten Gästeführung.
Nach diesem Treffer waren die Hausherren stets bemüht, wirkliche Torgefahr wussten sie aber nicht zu entwickeln, was vor allem den Zuschauern überhaupt nicht gefiel. Als dann schon alles nach einer bitteren Heimniederlage für BMG aussah, traf ausgerechnet der Ex-Augsburger Andre Hahn in der Schlussminute zum Ausgleich und entpuppte sich so als dreister Punktedieb. Das Unentschieden bringt freilich keins der beiden Teams wirklich voran, eher aber noch den FCA.
Exakt das gleiche Resume konnte auch nach dem Spiel in Ingolstadt ziehen, nur das dort die Teams FC Ingolstadt und Bayer Leverkusen hießen, die sich ein unansehnliches Spiel lieferten. Auf Seiten der korkutschen Gurkentruppe wurde leistungsbedingt fleißig rotiert, aber trotzdem standen keine zehn neuen Feldspieler auf dem Platz. Wenn man dann noch sah, dass Bellarabi, Kampl und Chicharito nur auf der Bank saßen, kam man nicht an der Frage vorbei, ob Tayfun Korkut die Werkself wirklich noch bewusst in Liga 2 führen will. An der Leistung auf dem Platz änderten die Wechsel jedenfalls nichts, die war weiterhin, vor allem Offensiv, an Harmlosigkeit kaum von einem Berg Zuckerwatte zu überbieten – nur das dieser deutlich mehr Genuss verspricht.
Die Schanzer waren auch nicht gut, aber zumindest das stärkere von zwei schwachen Teams. Daher ging auch die späte Führung nach 73 Minuten in Ordnung, als die Leverkusener Abwehr nicht wusste, was sie tut wie eine Kuh am Klavier und Kittel sehenswert vollstreckte. Doch nur sechs Minuten später glich der Jüngling Havertz nach einer Ecke aus und hauchte so seiner toten Mannschaft wieder leben ein. Da Volland es aber nicht schaffte, den Ball an Verteidiger Suttner auf der Linie des Ingolstädter Tores vorbei zu bringen, blieb es letztlich bei einer leistungsgerechten Punkteteilung.
Leistungsgerecht wäre ein Unentschieden auch in Dortmund beim absoluten Topspiel des Spieltags zwischen dem BVB und der TSG Hoffenheim gewesen, allerdings hatte das Schiedsrichtergespann da scheinbar etwas gegen. Wenn man den Mannen um Dr. Felix Brych einen schwarzen Tag attestierte, beleidigte man noch jeden anderen schwarzen Tag, denn die Leistung des Gespanns in spielentscheidenden Szenen war indiskutabel. Schon nach vier Minuten gelang der erste Griff ins Klo: Castro bediente Reus, der geschmeidige 1,50m im Abseits stand und problemlos zum 1:0 einschieben konnte. Selbst ein Blinder mit Hund und Stock hätte die Situation richtig bewertet, Schiri Brych aber auch nach ausgiebiger Beratung mit seinem Linienrichter nicht.
Nur 10 Minuten dann der nächste Bock: Marco Reus nimmt einen hohen Ball auf der Außenbahn klar mit dem Oberarm an, schießt dann Kaderabek aus kurzer Distanz an die Hand und es gab Elfmeter. Warum? Das ist eine gute Frage, aber als scheinbares Zeichen der Gerechtigkeit verzog Aubameyang vom Punkt neben das Tor. In der Folge kamen die Gäste aus dem Kraichgau dann deutlich besser ins Spiel, fanden aber kein Mittel durch die solide Dortmunder Defensive. Die beste Chance kurz vor der Halbzeit machte dann auch noch erneut ein Linienrichter zu nichte, als er Kramaric fälschlicherweise im Abseits sah. Nach der Pause ging das Spiel beider Teams dann ungewohnt fehlerhaft weiter, wie chinesische „Adidos“ Artikel mit einer springenden Raubkatze als Logo. Acht Minuten vor dem Ende stand der ansonsten blasse Aubameyang dann da, wo ein Goalgetter stehen muss und beförderte Guerreiros Pfostenschuss zum 2:0 ins Tor. Zwar ging Ginter gegen Wagner im Strafraum noch so sehr auf Schmusekurs, dass es Elfmeter geben musste, mehr als den Anschlusstreffer durch Kramaric sollte es aber nicht mehr geben. Die Dortmunder nehmen somit Kurs auf die direkte Qualifikation für die Championsleague während die TSG sich wohl oder übel durch die Quali quälen muss.
In gar nicht allzu ferner Vergangenheit, spielte auch der VfL Wolfsburg in diesen Gefilden der Liga mit. Wenn man sich ansieht, was die Wölfe dieses Jahr auf dem Platz abliefern, klingt das fast so weit entfernt wie die Fertigstellung des Berliner Flughafens. Da mit Eintracht Frankfurt auch nicht gerade das aktuell formstärkste Team Gastgeber war, konnte man schon im Vorfeld ahnen, dass keine Fußball-Feinkost geboten werden würde. Dass beide Mannschaften die Zuschauer dann aber versuchten auszuhungern, war wirklich nicht notwendig. In der ersten Halbzeit konnte man dem Rasen in Frankfurt beim Wachsen zusehen und war besser unterhalten, als das Geschehen auf dem Platz zu verfolgen. Der Halbzeitpfiff war der Höhepunkt des Spiels, was so traurig war, wie es klingt. Nach Wiederanpfiff waren die Wölfe aber plötzlich hellwach, kombinierten sich per ansehnlicher Passstafette in den gegnerischen Strafraum wo Daniel Didavi aus heiterem Himmel zur Führung einschob.
Die Gastgeber versuchten danach aus ihrer Lethargie zu erwachen, was aber eher an einen verkaterten Sonntagmorgen mit kalter Pizza vom Vortag in einer Studenten-WG erinnerte als an ein wirkliches Aufbäumen. Stattdessen zog Ntep nach 63 Minuten einen Sprint in Richtung Frankfurter Strafraum, als wäre eine verflossene Liebelei mit einem positiven Schwangerschaftstest hinter ihm her, ließ dabei die komplette Hintermannschaft aussehen wie Statisten und bediente dann den besser postierten Gomez, der problemlos auf 2:0 erhöhte. Da sonst nichts zählbares mehr geschehen sollte, blieb es beim 2:0 für die Gäste aus der Autostadt, denen damit ein wichtier Sieg im Abstiegskampf gelang, während man in Frankfurt Trübsal bläst.
Trübsal blasen kennt man im Osten der Republik zur Genüge, in Leipzig allerdings derzeit nicht mal annähernd. Denn spätestens seit Samstagabend wird gefeiert (Quelle Titelbild: Bild.de): Mit einem verdienten wie überzeugenden Sieg in Berlin sicherte sich der etwas andere Aufsteiger RB Leipzig die direkte Teilnahme an der Championsleague. Dabei starteten die Bullen so druckvoll, als müssten sie dringend austreten und belohnten sich dafür auch prompt. Nachdem sich scheinbar die Torgefahr des Timo Werner noch nicht bis in die Hauptstadt rumgesprochen hatte, war es für den Stürmer kein Problem, nach nur 12 Minuten per Kopf die Führung für sein Team zu besorgen. Danach fand die sonst so heimstarke Hertha besser ins Spiel, konnte dies aber nicht in zählbares ummünzen. Nach der Pause begannen die Gastgeber dann auf einmal hartnäckig um ein Gegentor zu betteln wie die osteuropäische Bettelmafia in deutschen Einkaufsstraßen. Die Einladung von Esswein wurde noch ausgeschlagen, als kurz darauf aber Jarstein katastrophal in die Füße von Poulsen spielte, blieb diesem nichts anderes übrig als die Chance zu nutzen. Der Däne schickte Jarstein auf den Hosenboden, legte in die Mitte zu Werner und der machte das 2:0.
Dieses Tor wirkte wie ein Tritt in den Unterleib der Berliner, denn es gelang so ziemlich nichts mehr. In der 85. Minute war es Ibisevic, der so Richtung Tor köpfte, dass Khedira nicht mehr ausweichen konnte und den Ball ins eigene Netz bugsierte. Statt einer spannenden Schlussphase, machte Leipzig es dann aber noch deutlich. Der eingewechselte Davie Selke, personifizierter Name aus dem Osten, hatte nämlich noch richtig Bock und schnürte, laufend wie ein Storch im Salat, binnen drei Minuten den persönlichen Doppelpack zum 4:1 um anschließend mit seinen Kollegen und den mitgereisten Fans zu feiern. Glückwunsch also an RB Leipzig.
Am frühen Sonntagnachmittag stand dann Abstiegskampf pur auf dem Programm: Der HSV empfing den punktgleichen FSV Mainz 05 zum Kellerkrimi. Beide Teams hatten merklich die Hosen voll, trotzdem kamen die Gäste in der Anfangsphase zu einer guten Doppelchance, scheiterten aber am besten Hamburger Keeper Mathenia.
Danach wurden die Hosen aber scheinbar so voll, dass das Spielen schwer fiel und die Partie wurde rumpelig wie wenn auf dem Dachboden eine Kiste mit Weihnachtsdeko umkippt. Beide Mannschaften kamen überhaupt nicht mehr ins Spiel wie mit Adiletten in ne Disco und von Unterhaltung war man in Hamburg meilenweit entfernt. Nach der Pause war das interessanteste dann eine Gruppe von Tauben, die es sich auf dem Spielfeld gemütlich gemacht hatte – ein Bild, was alles über dieses Spiel sagte. Ein dürftiges 0:0 im Abstiegskrampf war somit das einzig logische Ergebnis, was für beide Lager zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel ist.
Zum Abschluss des Spieltags duellierten sich dann noch der SC Freiburg und der FC Schalke 04 im beschaulichen Breisgau. Nach anfänglichem Abtasten wie unter Teenies in der frühen Pubertät war es nach 22 Minuten Niederlechner, der sich frühreif präsentierte, als erster mal richtig zupackte und durch die Arme von Fährmann mit der ersten richtigen Chance das 1:0 erzielte. Die Schalker Hintermannschaft war von so einem Herangehen wohl eingeschüchtert und hielt sich höflich zurück.
Keine zehn Minuten später durfte Niederlechner sogar nochmal ran, diesmal vom Punkt, nachdem der Schiedsrichter ein Tackling von Kolasinac gegen Philipp als Foul wertete. So ging es dann mit einem verdienten 2:0 in die Kabinen, wobei festzuhalten ist, dass den Schalkern vor allem Offensiv fast gar nichts gelang. Das änderte sich auch nach der Pause nur bedingt. Viel mehr waren es erneut die Breisgau-Boys, die den heimischen Fans mit schönen Kombinationen und Chancen das Lächeln auf die Lippen zauberten. Trotzdem blieb es letztlich beim 2:0, womit sich der SC immer ernstere Hoffnungen auf eine Europatour in der neuen Saison machen darf, während man diesen Plan auf Schalke wohl nun endgültig begraben kann.