Kaum war der 15. Spieltag eingetütet, stand nun nur zwei Tage später schon die 16. Runde der aktuellen Saison auf dem Plan. Es geht also Schlag auf Schlag in der Vorweihnachtszeit – fast wie bei der Jagd nach Geschenken auf Deutschlands Shoppingmeilen. Mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass man die Bundesliga auch genießen kann, ohne am Grabbeltisch fremde Ellbogen überall am Körper zu spüren. Aber genug von solch intimen Gedanken, immerhin wurde nun auch unter der Woche jetzt mal richtig Fußball gespielt.
Der Auftakt in diesen Spieltag war den durchaus kapital-affinen Clubs aus Wolfsburg und Leipzig vorbehalten, die sich bereits am frühen Dienstagabend in der Autostadt gegenüber standen. Die zuletzt so enorm heimstarken Wölfe befanden sich zu dieser ungewohnten Zeit wohl noch in der Post-Mittagsschlaf-Phase, denn sie starteten gänzlich unmotiviert und ließen die Gäste aus Leipzig einfach mal machen. Als sie sich nach einer knappen Viertelstunde erstmal im Ansatz in der Offensive zeigten, stand es auch prompt 1:0 für die Gastgeber. Konaté latschte Gomez im Strafraum reichlich tölpelhaft auf den Schlappen und Paul Verhaegh verwandelte den fälligen Elfmeter souverän. Mit der Führung im Rücken igelten die Wölfe sich dann wieder gemütlich hinten ein und warteten darauf, was die roten Bullen sich so einfallen lassen würde. Das war, abgesehen von einigen netten Ansätzen, herzlich wenig. Erst nach der Pause gelang eine erste schöne Kombination bis in den Strafraum hinein und Halstenberg bugsierte den Ball anspruchsvoll im Grätschen zum Ausgleich ins lange Eck. Das Tor lockte dann selbst die Spieler des VfL Wolfsburg hinten raus wie ein Thermomix-Fake bei Aldi Hausfrauen, sodass sich im Laufe der zweiten Hälfte doch tatsächlich noch ein ansehnliches Fußballspiel entwickelte. Die besseren Chancen erarbeitete sich sogar der VfL Wolfsburg, allen voran der eingewechselte Origi. Dem jungen Belgier fiel über Umwege fünf Meter vor dem Tor in bester Abschlussposition der Ball vor die Füße, doch statt ihn einfach ins leere Tor zu schieben, löffelte er ihn noch über die Latte. Selbst seine Ur-Oma hätte den Ball wohl im Netz untergebracht.
So ging es dann mit dem Remis in die Nachspielzeit, wo es nochmal richtig turbulent wurde. Erst flog Upamecano auf Seiten von RBL per Ampelkarte vom Platz, bevor nur Momente später Wolfsburg gleich dreifach an sich selbst und dem glänzend nach dem Ball grabbelnden Peter Gulasci scheiterte. Am Ende stand somit ein letztlich doch unterhaltsames wie gerechtes 1:1 zu Buche.
Ob man sich mit so einem Ergebnis vor dem Spiel in Mainz bei Borussia Dortmund zufrieden gegeben hätte, ist mehr als fraglich. Schließlich hatte man ja erst am Wochenende nach Wochen der Erfolgslosigkeit Cheftrainer Peter Bosz vor die Tür gesetzt und dafür Peter Stöger buchstäblich von der Straße geholt. Der Österreicher hatte es zwar in der laufenden Saison mit dem 1.FC Köln lediglich auf mickrige drei Pünktchen gebracht, aber scheinbar traute man ihm am Borsigplatz trotzdem zu, den BVB wieder in die Erfolgsspur zu führen. Es war auf jeden Fall ein gewöhnungsbedürftiger Anblick, den Wiener plötzlich in schwarz-gelb zu sehen (Quelle Titelbild: Tagesspiegel.de). Auch für seiner neuen Mannschaft war das Ganze wohl noch nicht so ganz geheuer, denn zunächst wirkten die Mainzer Hausherren wacher und konzentrierter und hatten Pech, dass nach 6 Minuten Bürki einen Schuss mit der Kraft seiner Gedanken und eines starren Blickes so gerade noch an die Latte gelenkt bekam. Mit zunehmender Spieldauer wurden die Dortmunder aber sicherer und das Spiel dafür umso lahmer. So musste nach 55 Minuten purer Wille her, um etwas zu bewegen. In der Folge eines Freistoßes war es am Ende Sokratis, der den Ball irgendwie zum Führung für die Gäste über die Linie prügelte.
Die Mainzer mühten sich danach, fanden gegen die plötzlich fast schon stabile Dortmunder Defensive aber kein wirkliches Mittel. Als dann der sonst so egozentrische Aubameyang dann kurz vor Schluss auch noch die Wohltätigkeit in sich fand und vor dem Tor noch einmal für Kagawa quer legte, war der Drops gelutscht. Der BVB feierte somit den ersten Liga-Sieg seit Ende September und Peter Stöger brauchte kaum mehr als zwei Tage, um mit seinem neuen Team mehr Erfolg zu haben als mit dem FC in zuvor 14 spielen – so schnell kann’s gehen.
Das wird man sich auch im Hamburger Volkspark beim Spiel des HSV gegen Eintracht Frankfurt gedacht haben. Nachdem sich nämlich der pyrobedingte Bodennebel halbwegs gelegt hatte, stand es auch schon 1:0 für die Rothosen. Bei einer Ecke mitten hinein in ein Knäuel voller Spieler am kurzen Pfosten bekam Papadopoulos irgendwie die Platte an den Ball und kurz darauf zappelte er im Netz.
Aber Eintracht Frankfurt wäre in dieser Saison nicht Eintracht Frankfurt, wenn sie auswärts nicht zurückkommen würden. Nach einer kurzen Phase des Schüttelns war es nach einer Viertelstunde Marius Wolf, der im Strafraum einfach mal die kurze Ecke anvisierte und abzog. Christian Mathenia im Hamburger Tor war zwar zur Stelle, ließ den Ball aber trotzdem unmotiviert passieren wie ein nachlässiger Türsteher. Doch damit nicht genug: nur Minuten später drehte Gacinovic mit dem zweiten Torschuss der Gäste den Karren komplett und plötzlich mussten die Hamburger einem Rückstand hinterherlaufen. Vor allem nach der Pause taten sie das auch voller Elan und ließen einen Angriff nach dem anderen auf das Frankfurter Gehäuse rollen. Nach 54 Minuten wackelte dann auch das Netz gehörig und Dennis Diekmeier, bekanntlich der Inbegriff der Tor-Ungefährlichkeit der Bundesliga, drehte in seinem 197. Ligaspiel erstmals zum Torjubel ab. Aber seine Freude wurde jäh zerstört, als sein Tor berechtigterweise wegen einer Abseitsstellung keine Anerkennung fand. Der arme Dennis hatte sich doch schon so über seine Tor-Entjungferung gefreut. Aber nicht nur ihm blieb das schöne Gefühl eines Tores verwehrt, denn trotz Dauerdruck und Chancenwucher schafften die Gastgeber es einfach nicht, den Ausgleich zu erzielen. So jubelten am Ende, mal wieder, die Frankfurter und bleiben auswärts das Maß aller Dinge.
Das kann man vom Verkehr rund um das Freiburger Schwarzwaldstadion beim besten Willen nicht behaupten. Denn dort steckte der Mannschaftsbus von Borussia Mönchengladbach zusammen mit zahlreichen Fans im Stau, sodass die Partie erst mit zehnminütiger Verspätung losgehen konnte. Nachdem die Freiburger bereits zwei Tage zuvor in Köln nach einem vespäteten Anpfiff ihr furioses Comeback feiern konnten, wird man sich darüber wohl nicht wirklich geärgert haben. Erst recht nicht, als Schiri Aytekin nach 18 Minuten zum dritten Mal binnen zwei Tagen für den SCF auf den Punkt zeigte. Was war geschehen? Vestergaard hatte Nils Petersen im Strafraum so sanft am Fuß touchiert wie ein Schmetterling eine Blüte, der Freiburger Torjäger ging zu Boden.
Nur 50 Sekunden später hatte der Videoschiedsrichter in Köln sich dafür entschieden, dass es ein ahndungswürdiges Vergehen war. Das Spiel lief in der Zwischenzeit selbstredend weiter. Petersen selbst war das Zustandekommen des zweifelhaften Elfmeters egal, er blieb, wie bereits in Köln, eiskalt und verwandelte zum 1:0 für Freiburg. Erstaunlicherweise sollte diese frühe Führung bis zum Ende am Leben bleiben, was hauptsächlich daran lag, dass die Fohlen sich extrem schwer taten und sich an der Freiburger HIntermannschaft schlicht und ergreifend die Zähne ausbissen wie an harten Lebkuchen unter Weihnachtsbaum. Nach dem verrückten Comeback in Köln feiern die Breisgau-Boys also den zweiten Sieg in Serie während man in Gladbach nun schon zwei Spiele auf einen Dreier wartet.
Noch ein Spiel länger wartete bereits der VfB Stuttgart vor dem Gastspiel bei der TSG Hoffenheim auf ein Erfolgserlebnis. Die letzten beiden Partien waren sogar ohne eigenen Treffer beendet worden, sodass man im Schwabenland getrost von einer Ladehemmung sprechen konnte. Diese wollte man nun im Kraichgau bei einem kleinen Heimspiel, zumindest nach der Unterstützung der Gästefans zu urteilen, lösen und endlich auch auswärts mal nicht nur Reisekilometer mit nach Hause nehmen. Entsprechend frech und forsch gingen die Gäste ins Spiel und waren gegen augenscheinlich mit der Herangensweise überforderte Hoffenheimer in der ersten Halbzeit das bessere Team – einzig die vorhandenen Chancen wurden nicht genutzt. Nach der Pause fanden die Gastgeber dann besser ins Spiel, sodass sich zunächst ein Tennis-artiges hin und her entwickelte, bevor Hoffenheim mit näher kommendem Schlusspfiff zunehmend die Kontrolle übernahm. Die Belohnung für diese Leistungssteigerung gab es dann nach 81 Minuten. Am Ende eines wilden Ping-Pong-Spiels im Stuttgarter Strafraum bediente Kaderabek Uth, der den Ball aus kurzer Distanz humorlos einnetzte und so am Ende den knappen Heimsieg fest machte.
Am Ende blieben somit die drei Punkte in Hoffenheim und der VfB Stuttgart muss bis zum Wochenende warten, um die Ladehemmung zu lösen – ausgerechnet gegen den FC Bayern München.
Die Münchener ihrerseits finden das Wort Ladehemmung gar nicht erst in ihrem Wortschatz. Vor allem in Heimspielen fielen in jüngerer Vergangenheit die Tor fast schon wie von selbst. Da konnten einem die Kölner schon im Vorfeld fast leid tun, die nun ohne mehr als elf verletzte potenzielle Stammspieler die Reise in die bayerische Landeshauptstadt antreten mussten. In einer Reha-Liga jedenfalls würde der 1.FC Köln zweifellos um die Meisterschaft mitspielen – in der Bundesliga wird es hingegen wohl am Ende nur für eine Teilnehmerurkunde reichen. Allein die Aufstellung der Geißböcke in der Allianzarena erregte schon Mitleid: neun (!!!) Defensivspieler und vorne Lukas Klünter, gelernter Rechtsverteidiger, als einzige Spitze. Es wunderte daher auch niemanden, dass die Bayern vom Anstoß an die Kontrolle übernahmen und das Spiel nach Belieben dominierten. Zur Halbzeit standen 84% Ballbesitz und 12 Torschüsse für die Hausherren zu Buche – auf der Anzeigetafel stand aber weiterhin ein 0:0. Auch nach dem Seitenwechsel änderte sich das Bild nicht. Die Bayern hatten den Ball, der FC verteidigte leidenschaftlich und versuchte nicht wieder irgendwelche dummen Fehler zu machen. Das klappte größtenteils auch gut, bis zur 60. Minute. Jerome Boateng überlupfte aus dem Halbfeld das gesamte Kölner Bollwerk, Thomas Müller konnte ungestört im Strafraum mit dem Hinterkopf ablegen und am Ende musste Robert Lewandowski den Ball nur noch einschieben – die überfällige Führung für den Rekordmeister.
In der Folge setzten die Münchener zunehmend in den Verwaltungsmodus während die Gäste aus der Domstadt die restliche Schulmannschaft des Berufskollegs Köln Zollstock von der Bank auf das Feld kehrten. Kurz vor Schluss hatte dann Lukas Klünter sogar die Chance, das Wunder des Ausgleichs zu schaffen, aber Opa Starke im Tor des FCB hielt den Sieg fest. Am Ende war also alles wie immer: der FC Bayern gewinnt, Wasser ist nass und der Effzeh fährt ohne Punkte nach Hause.
Das sollte, wenn es nach der Berliner Hertha ging, möglichst auch Hannover 96 tun, denn die Berliner wollten einen versöhnlichen Jahresabschluss im nicht einmal halb vollen heimischen Olympiastadion „feiern“. Dafür legten sich die Hauptstädter von Beginn an auch ordentlich ins Zeug, zeigten eine reife und dominante Spielanlage und belohnten sich früh selbst, als Kalou eine anspruchsvolle Volley-Flanke von Pekarik zur Führung im Tor der Gäste unterbrachte. Und vor der Pause konnte erneut Kalou sogar noch auf 2:0 erhöhen, als er einen Freistoß von Plattenhardt über Umwege ins Tor stochern konnte.
Und was machten die Gäste aus Hannover? Die bissen sich immer wieder die Zähne an der neuen Berliner Mauer namens Rune Jarstein aus. Der Norweger im Tor der Hertha spielte an diesem Abend Magier und zauberte reihenweise Bälle noch irgendwie von der Linie. Einzig Bebou sollte es in der zweiten Halbzeit gelingen, den Keeper zu überwinden und so allen Anwesenden zu beweisen, dass doch keine neuartige Maschine das Tor hütete. Mit dieser neuen Erkenntnis im Rücken drückten die Hannoveraner dann auf den Ausgleich, wurden aber dann vom eingewechselten Torunarigha eiskalt erwischt, der den Ball mit Hängen und Würgen irgendwie zum 3:1 Endstand über die Linie drücken konnte.
Daran hätte sich auch der junge Weston McKennis vom FC Schalke ein Beispiel nehmen sollen, denn im Gelang es im Heimspiel gegen den FC Augsburg nicht, den Ball aus drei Metern über die Linie zu bugsieren. Damit vergab er nach wenigen Minuten die erste Großchance des Spiels und leitete gleichzeitig eine ausgiebige Phase Leerlauf und Langeweile ein. Viele der Zuschauer wollten sich schon ärgern, dass sie sich doch für das Spiel und nicht für „40 Jahre Kelly Family“ auf RTL entschieden hatten, als kurz vor dem Pausenpfiff doch noch etwas passierte. Harit bat Philipp Max auf der Außenbahn zum Tanz, ließ ihn dann aber reichlich unhöflich stehen um di Santo in der Mitte zu bedienen und der Argentinier entdeckte den Entertainer in sich und verwandelte wunderbar per Hacke zur Schalker Führung.
Noch von diesem schönen Tor verzaubert legten die Knappen direkt nach der Pause nach. Eine Ecke fand, was für eine Überraschung, Naldo, der per Kopf auf Burgstaller verlängert. Der wiederum setzte zum Karate-Highkick an und machte so das 2:0. Aber auch der FCA kann Standards und Philipp Max lieferte auch prompt den Beweis. Der beste Vorlagengeber der Liga fand in der Mitte Caiuby und schon stand es nur noch 1:2 aus Sicht der Gäste. Als dann Oczipka im Strafraum beim Versuch zu Klären statt des Balls den Fuß von Gregoritsch erwischte und der junge Österreicher vom Punkt aus cool blieb wie die Unterseite des Kopfkissens war die schöne Führung plötzlich dahin und die Sehnsucht nach 40 Jahre Kellys kam beim Schalker Anhang langsam wieder auf. Glücklicherweise kam ein Elfmeter nicht allein, denn auf der Gegenseite holte Hitz den Tänzer Harit von den Beinen. Auch Caligiuri behielt die Nerven und so stand es am Ende doch noch 3:2 für Königsblau. Mit dem Sieg gelang der Sprung auf Platz 2 der Tabelle und gleichzeitig der Ausbau der eigenen Serie ohne Niederlage auf 10 Partien.
Der Zähler von Bayer Leverkusen stand bereits vor dem Heimspiel gegen Werder Bremen bei 10 und sollte nun möglichst mit einem Heimsieg weiter ausgebaut werden. Und es dauerte gerade einmal 11 Minuten, bis der Werkself-Express auf die Siegerstraße einbog. Bailey entwischte über außen und spielte die Kugel flach in die Mitte. Dort wartete Sané, der allerdings plötzlich vergessen hatte, wie man seine Beine bedient und statt zu klären sich selbst von den selbigen holte und so Alario ermöglichte, aus kurzer Distanz locker einzuschieben.
Mit der Führung im Rücken konnten die Hausherren nun befreit aufspielen und kamen so zu haufenweise Chancen, die aber allesamt mehr oder weniger kläglich wie fahrlässig liegen gelassen wurden. Von Werder hingegen kam so gut wie gar nichts. Hinten luden die Bremer immer wieder durch eigene Fehler ein, während sie vorne harmlos agierten wie Welpen im Schnee. Normalerweise heißt es ja, dass ausgelassene Chancen sich irgendwann rächen, an diesem Abend passierte aber nichts mehr. Leverkusen dreht den Counter somit auf 11 Spiele ohne Niederlage während Bremen nach dem Sieg in Dortmund prompt wieder auf dem harten Boden der Bundesliga angekommen ist.