Dass die globale Erwärmung real ist, gilt grundsätzlich als bewiesen und sowohl Wissenschaftler als auch politische Würdenträger beschäftigen sich mehr oder weniger intensiv mit den Auswirkungen auf unser tägliches Leben. Eine Ausnahme bildet dabei natürlich der Herr mit den Fellresten eines unbekannten Tieres auf seinem Kopf, der versehentlich zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt worden ist. Womöglich hilft ein Blick auf den 25. Spieltag dieser Bundesligasaison, seine Meinung zum Thema Klimawandel und den Auswirkungen auf Wetter, Tiere und Menschen etwas zu ändern, denn was am vergangenen Wochenende in der Liga passierte, stellt einen wunderbaren Querschnitt einiger Konsequenzen dar. Verwirrte, mit ihren Tätigkeiten aufgrund des Wandels überforderte Menschen, mehr als bedrohte Tierarten und Wetterphänomene, die dazu führen, dass Freitagabend in Gladbach noch Schneegestöber herrschte während Sonntags in Köln die Leute bei Frühlingshaften Temperaturen in der Sonne sitzen konnten. Klingt verrückt? Das war es auch.
Torhüter im Fokus
Beginnen wir direkt mit dem großen Thema der bedrohten Tierarten. Nach Jahres des Überlebenskampfes scheint die Zeit des letzten Dinos der Bundesliga in diesem Jahr wirklich zu Ende zu gehen (Quelle Titelbild: Kicker.de). Nach der Last-Minute-Niederlage im Nordderby wurde das Heimspiel des Hamburger SV gegen die Leidensgenossen aus Mainz zum absoluten Abstiegs-Endspiel hochstilisiert, in dem nur ein Sieg zählen konnte. Da dies im Grunde genommen für beide Teams in ähnlichem Maße ging, entwickelte sich ein derart verkrampftes Spiel, dass man sich als Zuschauer vorkam wie bei einem Elternabend im Kindergarten mit ewigen Diskussionen der Helikoptereltern über den nächsten Ausflug zum Spielplatz. Dabei gelang es den Gästen aus Mainz den HSV in Sachen Engagement und Leistung sogar nochmal deutlich zu unterbieten – ein Novum in dieser Bundesligasaison. In die gleiche Kerbe schlug aber auch noch der Linienrichter, der geschmeidig in der ersten Halbzeit eine Abseitsstellung von Kostic übersehen hatte, die selbst eine blinde Oma ohne Assistenzhund problemlos erkannt hätte. Glücklicherweise war der Videoschiedsrichter wach und konnte das Tor korrekterweise zurücknehmen. Ansonsten war der HSV ungewöhnlich bemüht, aber gewöhnlich schlecht. Beste Chancen inklusive eines wahnsinnig schlampig geschossenen Elfmeters plus halbstündige Überzahl reichten einfach nicht, um den bärenstarken Torwart-Debüttanten Florian Müller im Kasten der 05er auch nur ein einziges Mal zu überwinden. So kam es, wie es kommen musste: Das Spiel wurde jeglichen Erwartungen gerecht, endete 0:0 und am Ende wird womöglich Florian Müller als derjenige im Gedächtnis bleiben, der die Schlinge um den Hals des Bundesliga-Dinos endgültig zugezogen hat.
Aber nicht nur der Dino droht in der Liga auszusterben, sondern auch der Geißbock. Nach der Punkteteilung der direkten Konkurrenz roch man in der Domstadt vor dem Duell gegen den VfB Stuttgart schon Morgenluft und legte eine furiose Anfangsphase hin, die bereits früh durch eine frische Pizza-Lieferung durch den ewigen Claudio Pizarro gekrönt wurde. Auch in der Folge wussten die Gäste überhaupt nicht, was da auf dem Rasen geschah, allerdings verpassten die Kölner es nachzulegen und so gab es noch vor der Pause den bitteren Nackenschlag durch einen Gomez Doppelpack, von dem erst wohl selbst nicht so recht wusste, wie der eigentlich zu Stande gekommen war. Vor dem Ausgleich erlitt Marco Höger einen plötzlichen Anfall von Fallfieber anstatt die Flanke zu verhindern und das 2:1 ging dann komplett auf die Kappe von Keeper Timo Horn.
Der sonst so sichere Schlussmann ließ einen harmlos aufs Tor trudelnden Ball durchflutschen und ließ somit wohl gleichzeitig das zerbrechliche Pflänzchen Hoffnung für sein Team endgültig zerbrechen. Als nach der Pause dann auch noch Andi Beck mit einem Schuss mit seinem linken Fuß, den er normalerweise bestenfalls für’s Gleichgewicht benutzt, auf 3:1 erhöhte, war der Drops gelutscht. Jojic stellte kurz vor Schluss nochmal Anschluss her, aber auch mit diesem 2:3 bleibt der FC im Besitz der roten Laterne und der Geißbock sieht seinem Ende in Liga 1 entgegen.
Aber genug von vor sich hin siechenden Tieren, denn es gibt auch welche, denen es richtig gut geht. Der Eintracht-Adler in Frankfurt beispielsweise erfreut sich bester Gesundheit und kämpft mit seinem Team weiterhin akut um die Champions League-Qualifikation. Daran änderte auch ein oktopusartiger Philipp Tschauner im Tor von Hannover 96 nichts, der die Frankfurter Offensive ein ums andere Mal zur Verzweiflung trieb. Einzig Danny da Costa überwand die 96er Wand per Kopf – allerdings war die Ecke, die zur Vorlage wurde, keine und der Videoschiedsrichter hüllte sich ebenso in Schweigen wie der Linienrichter, der etwa eine Armlänge entfernt stand. Immerhin funktionierte der Schwalbenradar des VAR, denn Albornoz flog im Frankfurter Strafraum tief, der Schiedsrichter entschied auf Strafstoß aber wurde dann korrigiert. Eine Schwalbe macht also doch noch keinen Sommer, und das obwohl die Temperaturen am Wochenende zunehmend in Richtung Frühling kletterten.
Nächste Runde im Schneckenrennen
Frankfurt als Teil der „Verfolgergruppe“ des FC Bayern hatte also vorgelegt, da wollten natürlich die anderen Teams nachlegen. So auch der FC Schalke im Heimspiel gegen die Berliner Hertha. Das Spiel klang schon im Vorfeld nicht gerade schmackhaft, was beide Teams dann aber auf dem Rasen boten war dann noch nicht einmal Hausmannskost. Ein Spiel wie trocken Brot wurde letztlich durch eine gute Aktion entschieden: Caligiuri bekam auf dem Flügel zu viel Platz, fand in der Mitte Pjaca und der Leihspieler von Juventus Turin besorgte den 1:0 Endstand. Ein Schalke-Ergebnis wie das Ruhrgebiet: nicht gerade schön, aber irgendwie erfolgreich.
Apropos nicht schön: Bruno Labbadia hat es ja bekanntlich nach Wolfsburg verschlagen, wo er den VfL vor dem Abstieg retten soll. Im Duell der Werksmannschaften gegen seinen Ex-Club aus Leverkusen gelang diese Mission nur äußerst dürftig, denn seine Wölfe traten unheimlich zahn- und ideenlos auf. Bayer bestimmte das Geschehen, ließ Ball und Gegner laufen und verdient durch Alario vom Punkt in Front. Der eingewechselte Julian Brandt erhöhte dann nach der Pause mit einem gefühlvollen Chip auf 2:0 und machte so den Deckel auf eine einseitige Partie.
Ex-Bayer Admir Mehmedi gelang zwar postwendende noch die eine Antwort, aber zu einer echten Diskussion wurde das Spiel nicht mehr – es blieb beim 2:1 Auswärtssieg für die Werkself aus Leverkusen.
Drei Sieger in der Semi-Spitzengruppe – da passte natürlich das Spiel Leipzig gegen Dortmund wie die Faust auf’s Auge um daran noch etwas zu ändern. Dummerweise änderte sich an der Anzahl der Sieger nichts mehr, denn die beiden Verfolger trennten sich mit einem friedlichen 1:1 Unentschieden. Dabei legten beide von Beginn an eine flotte Sohle aufs Parkett. Der BVB hielt zuerst den angestauten Druck nicht mehr aus: Schürrle verlor nach einem Einwurf den Ball gegen pressende Bullen und schwuppdiwupp tauchte der flinke Augustin samt Ball im Strafraum auf und vollstreckte kalt zum 1:0. Die Dortmunder konterten daraufhin gleich dreifach, und trotzdem ging es mit einem 1:1 in die Kabine. Zweimal tappten die Schwarz-Gelben in die Abseitsfalle ehe Marco Reus, wer auch sonst, den Ausgleich besorgte. Da das Tempo nach der Pause seinen Tribut forderte, häuften sich die Fehler und am Ende blieb es wie es war: Der BVB verliert unter Stöger in der Bundesliga nicht, RB Leipzig hat Probleme mit dem Gewinnen und beide kommen keinen Schritt voran.
Mittelmaß deluxe
Wie man es richtig macht, zeigte derweil, mal wieder, der FC Bayern München. Trotz des eher zweiten Anzugs in der Offensive lieferte der Rekordmeister eine blitzsaubere Leistung ab und zeigte den Freiburger Gastgebern schnell die Grenzen ihres Underdog-Daseins auf. Überragender Mann beim 4:0 Sieg war einmal mehr Thomas Müller. Das 1:0 erkasperte er durch geschicktes Nachsetzen und zwang SCF Keeper Schwolow so zum Eigentor. Ein weiteres Tor bereitete er vor, eins schoss er selbst und beim zwischenzeitlichen 2:0 durch eine 30 Meter Rakete von Tolisso sah er genießend zu.
So stand am Ende ein rundum gelungener Abend für Thomas Müller und den FCB, begleitet von der Erkenntnis, dass vor allem in der Bundesliga auch der zweite Anzug gut genug sitzt um gemütlich an der Tabellenspitze zu thronen – und alle anderen Top-Teams nach Mittelmaß aussehen zu lassen.
Mittelmaß zum anfassen gab es hingegen in Augsburg, wo der FCA die TSG Hoffenheim zum Niemandsland-Gipfel empfing. Zu den Tabellenpositionen hätte durchaus ein Remis gepasst, aber in den Reihen der Kraichgauer spielt jemand, der zuletzt heiß war wie Fritteusenbutter: Andrej Kramaric. Der Kroate traf schon in den letzten Spielen quasi nach Belieben und drückte nun auch der Partie in Augsburg seinen persönlichen Stempel auf. Ein Kopfballtor und eine Vorlage für Serge Gnabry standen am Ende zu Buche, während die Hoffenheimer Defensive ausnahmsweise einmal nicht Sieb spielte und die Null hielt. So hieß nach 90 Minuten 2:0 für die TSG und man höre und staune: Hoffenheim kann also doch eine Führung über die Zeit bringen.
Spiel des Spieltags
Könnte man das doch nur auch über Gladbach sagen, werden nach diesem Spieltag die Fans der Borussia sehnsüchtig vor sich hin brabbeln. Beim spätwinterlichen Schneegestöber am Niederrhein sah nämlich zunächst alles nach einem lockeren Heimsieg für die Fohlen aus, vor allem da Gegner Werder Bremen beim Toreschießen tatkräftige Unterstützung bot. Delaney lieferte den Zuckerpass auf Zakarias 1:0, Moisander packte die Pizarro-Gedächtnis-Hacke ins eigene Tor zum 2:0 aus und mit dieser komfortablen Führung ging es dann auch in die Pause. Doch in Halbzeit zwei gab es dann die Auferstehung der Werderaner. Delaney spielte Thomas allein im Strafraum und köpfte eine Kruse Ecke zum Anschluss, bevor der eingewechselte Johansson, wie bereits in der Vorwoche, zum entscheidenden Mann wurde. Der US-Amerikaner feuerte eh schon aus allen Rohren, aber mit einem dieser Schüsse fand er dann auch noch den Weg ins Ziel und glich die Partie wieder aus. Die Bremer schienen den Sieg danach sogar noch ein Stück mehr zu wollen, aber letztlich blieb es bei diesem 2:2, das gleichermaßen Zeugnis der großen Moral der Gäste von der Weser wie der aktuellen Unsicherheit der Gladbacher Fohlen sein dürfte.