Mitte Januar in Deutschland. Es ist grau, ungemütlich und das Wetter kann sich nicht entscheiden ob es lieber Winter oder Herbst sein will. Die Bundesliga hat just ihren Weg aus dem Winterschlaf zurück ins Leben gefunden und kriegt trotz eines durchaus vielversprechenden Auftaktes plötzliche Konkurrenz auf der Unterhaltungsbühne. Die Herrschaften vom RTL haben nämlich mal wieder die Q bis X-Promis, die nicht schnell genug bei der nächsten Mögelhaus-Eröffnung untergekommen waren, in den australischen Dschungel verfrachtet um den geneigten Zuschauer zu bespaßen. Warum das für den Fußball überhaupt relevant ist? Weil ein ehemaliger Bundesligaspieler mit von der Partie ist: der weiße Brasilianer Ansgar Brinkmann. Bedeutet dies nun auch den Einzug von Kakerlaken, Känguruh-Hoden und Fremdschämen in die Bundesliga? Zumindest am 19. Spieltag war lediglich letztgenanntes in der Liga präsent. Dafür gab es aber auffällige regionale Tedenzen. Ob es da einen Zusammenhang gibt?
Heimstark im Abstiegskampf
Beginnen wir aber mit dem Thema Fremdschämen, denn da schnappte sich kurzerhand Ron-Robert Zieler eine Vorreiterrolle. Beim Gastspiel seines VfB Stuttgart auf dem Mainzer Rübenacker lieferte er sich ein Slapstick-Duell mit seinem Gegenüber Robin Zentner, bekannt aus seiner Comedy-Aufführung des Phantom-Balls in Gladbach, aus dem er aber als klarer Sieger hervorging. Während letzterer nur einmal ziellos durch den Strafraum segelte und seine Abwehr-Kumpanen zu einem quasi Eigentor zur Stuttgarter Führung inspirierte, griff Weltmeister Zieler richtig tief in die Trickkiste. Erst kippte er bei einem zentralen Fernschuss von Muto grundlos zur Seite wie ein Tippkick-Keeper, bevor er im weiteren Spielverlauf dann auch noch einen semi-gefährlichen Holtmann Schuss mit seifigen Händen durchflutschen ließ. Zwar hielt Zieler sonst teilweise stark, aber der akute Flutschfinger-Alarm war einfach stärker. Am Ende behielt Mainz die Zähler, auch dank des Stuttgarter Keepers, mit 3:2 daheim – wohl dem, der Zuhause punktet.
Nach diesem Motto lebt man auch in Freiburg, schließlich sind die Breisgau-Boys nicht gerade für ihre Reiselust bekannt. Da kam es natürlich gerade recht, dass RB Leipzig nun in den äußersten Südwesten reisen musste. Die Bullen dominierten dann quasi nach belieben, spielten ihren Stiefel runter und erzielten die Führung durch Timo Werner mehr oder weniger geschickt, wurden dann aber mit zwei einfachen Mitteln geschlagen: Willen und Eckbällen. Zweimal Ecke Günther, einmal Linksschuss Haberer, einmal Kopfball Koch und plötzlich war das Ding gedreht.
Da sich Leipzig bis zum Ende von diesem Doppelschlag voll auf die zwölf nicht mehr erholte, konnte Freiburgs Coach Streich den Heimsieg wie ein Kind auf RedBull feiern. Und was lernt man in Leipzig daraus? Standards sind gefährlich und sollten durchaus verteidigt werden.
Wenn’s läuft, dann läuft’s
Mit solchen Basics muss man sich in Frankfurt in dieser Saison nicht mehr auseinandersetzen. Schließlich ist die Eintracht, mal abgesehen vom FC Bayern, der heißeste Shit der Liga, wenn sie im Land unterwegs sind. Das bekam nun auch der VfL Wolfsburg zu spüren, der beim Frankfurter Tagestrip in die Autostadt nicht wirklich einen Fuß auf die Erde bekam. An der breiten Brust der Kovac-Truppe prallte ebenso alles ab wie am breiten Kreuz von Sebastien Haller, der mit einem Tor und einer Vorlage beim 3:1 Auswärtssieg der stärkste einer starken Mannschaft war. Da half auch ein schöner Freistoßtreffer von Maxi Arnold nicht, der quasi umgehend durch den Platzverweis für Landry Dimate kompensiert wurde. Auswärts ist es doch am schönsten, oder wie sagt man doch gleich?
In München jedenfalls ist’s Wurscht, wo der FC Bayern spielt, denn der Rekordmeister bewegt sich in dieser Saison, mal wieder, in anderen Dimensionen und gewinnt so oder so. Daran sollte auch der SV Werder nichts ändern, denn im Bremer Zeugnis stand am Ende: Stets bemüht, aber die Versetzung ist gefährdet. Werder kämpfte, spielte mit, setzte immer wieder Nadelstiche, traf zweimal und am Ende standen sie zwar mit viel Lob, aber trotzdem ohne Punkte da. Denn die Bayern sind nunmal die Bayern mit je einem Doppelpack von Kasperle Müller und Tormaschine Lewandowski stand es am Ende 4:2.
Thomas Müller erklärte den über weite Strecken glanzlosen Auftritt übrigens mit einer zu langen Trainingswoche. Wenn das Training härter ist als Spiele, dann weiß man wohl, dass die Liga zu schwach ist.
Das unentschiedene Ruhrgebiet
Den Beweis lieferten am Wochenende wie auf Bestellung auch die beiden „Verfolger“ aus dem Ruhrgebiet ab, die gleichzeitig auch beide mit Theater um ihre Top-Spieler zu tun hatten. Während in Dortmund weiterhin das groteske Laientheater des Pierre-Emerick Aubameyang für Schlagzeilen und dafür nicht für eine Kader-Nominierung sorgte, verkündete wenige Kilometer weiter Leon Goretzka seinen Sommer-Wechsel zum FC Bayern München. Eine Nachricht, die zwar gefühlt schon seit Monaten jeder Spatz von jedem Dach der Republik gepfiffen hatte, aber trotzdem bei den Fans des FC Schalke für enormen Unmut sorgte. Dieser mündete dann in die üblichen, wenig freundlichen Spruchbänder auf den Tribünen und ein gellendes Pfeifkonzert wie bei einer Verdi Demo.
Die Querelen abseits des Platzes waren also ähnlich, die Ergebnisse auf dem Feld dann identisch. Beide Partien endeten 1:1, sowohl das Dortmunder Gastspiel in Berlin als auch das Schalker Heimspiel gegen Hannover. Die Dortmunder agierten dabei schwach und ideenlos, hätten aber in der Nachspielzeit einen Elfmeter bekommen müssen (Quelle Titelbild: Kicker.de). Aber augenscheinlich hatte der Kollege vor dem Monitor in Köln zu dem Zeitpunkt schon Feierabend – war ja schließlich schon spät am Freitagabend. S04 hingegen spielte gewohnt souverän, ließ sich aber in der Schlussphase von Füllkrug überrumpeln. Man wird das Gefühl nicht los, dass solches Theater sich doch irgendwie auf den Platz überträgt und dass beide Teams den FC Bayern gar nicht so richtig jagen wollen.
Erfolgreiches Rheinland
Etwas weiter südlich war die Stimmung am Wochenende derweil deutlich besser. Im Rheinland konnten nämlich ausnahmslos Siege gefeiert werden. Die Gladbacher Borussia schlug dabei den FC Augsburg zuhause mehr oder weniger souverän mit 2:0 und konnte sich dabei vor allem auf Matthias Ginter verlassen. Der Abwehrspieler packte direkt zwei Scorerpunkte auf sein Konto, erzielte das 1:0 per Kopf selbst und bereitete das 2:0 durch Hazard in der Schlussminute vor. Die Augsburger hingegen mussten sich an die eigene Nase fassen, agierten sie doch viel zu ungeordnet und wenig zielstrebig.
Der 1.FC Köln hingegen machte im Keller-Krimi gegen den Hamburger SV mit Nachdruck klar, dass im Duden neben dem Eintrag „Effizienz“ das aktuelle Mannschaftsfoto abgedruckt werden sollte. Den Geißböcken reichten zwei wirkliche Chancen, um das Spiel 2:0 zu gewinnen. Dabei schlug beide Male der neue Kölner Heiland zu: Simon Terodde.
Dabei startete der HSV druckvoll, dominant und einzig Timo Horn war es zu verdanken, dass es nicht richtig übel für die Gäste los ging. Dann aber fiel das 1:0 nach einem Eckball und man sah den Hamburger Spielern an, wie sich der Druck im Abstiegskampf in die Hosen verlagerte und quasi gar nichts mehr ging. Mit dem nun dritten Sieg in Serie sind die schon totgesagten Kölner nun im Zombie-Modus dem HSV wieder auf den Fersen, während man in Hamburg Markus Gisdol vor die Tür setzte und mit Bernd Hollerbach nun den in etwa 38. Trainer der letzten 5 Jahre präsentierte. Mal sehen, wer ihm in Hamburg überhaupt noch eine Wohnung oder ein Haus vermietet, bei den kurzen Verweildauern im Verein.
Spiel und Spieler des Spieltags
Den Rheinland-Sieg-Hattrick komplett machten die Leverkusener in Hoffenheim. Dabei zeigte auch die Werkself, was effizientes Fußballspielen bedeutet und nutzte es eiskalt aus, dass die Gastgeber ihre Chancen nicht nutzten. Besonders auf sich aufmerksam machte dabei einmal mehr Leon Bailey. Der junge Jamaikaner sprühte nur so vor Spielfreude und rannte durch den Kraichgau wie ein aufgedrehter Junge. Kurz vor der Pause schaltete er dann in den Bolzplatz-Modus, holte mit dem Rücken zum Tor aus und bugsierte den Ball mit der Hacke direkt ins Netz.
Ich weiß nicht, wie das in Jamaika so läuft, aber damals auf dem Bergheimer Sportplatz hat man sich solche Aktionen mit der Hacke nur getraut, wenn man völlig verzweifelt oder Größenwahnsinnig war – und hat dabei nicht selten das Schienbein des Gegners traktiert. Nach der Pause packte Bailey dann noch den Assist zum 3:0 auf sein Konto und agierte auch sonst enorm fleißig und voller Spielwitz. Am Ende stand ein 4:1 Auswärtssieg zu buche, bei dem sich die Hoffenheimer wohl noch einige Tage fragen werden, woran es eigentlich gelegen hat. Bayer hingegen lässt die Niederlage gegen den Rekordmeister zum Rückrundenauftakt wie einen Ausrutscher aussehen und schickt sich an, das Beste vom Rest zu werden.
Wie nachhaltig dieser Trend ist, wird sich allerdings erst noch zeigen. Schließlich liegt Leverkusen nun als Tabellenzweiter bereits 16 Punkte hinter dem Branchenprimus und ist punktgleich mit den Plätzen 3 – 5 und lediglich einen Punkt vor Platz 6 und 7. Die einen nennen dies übrigens eine hohe Leistungsdichte. Ich betrachte das eher als fehlende Qualität in der Breite. Schauen wir mal, wer am Ende richtiger liegt.