Tretet näher, tretet näher! Der Bundesliga Zirkus war letztes Wochenende in der Stadt und brachte all das mit, was man im Zirkus gerne sieht. Von tollpatschigen Torwart-Clowns über versierte Ball-Artisten bis hin zur neuesten Attraktion aus England war wirklich für jeden Geschmack etwas dabei. Also ab in die Manege und lasset die Sensationen und Attraktionen beginnen.
Mauer Aufgalopp der Unentschiedenen
Zu Beginn einer jeden großen Show muss man aber natürlich erst einmal in Stimmung kommen. Man sollte ja schließlich nicht direkt zu Beginn das ganze Pulver verschießen um danach nur noch in enttäuschte Gesichter zu Blicken – ein freundlicher Gruß geht an dieser Stelle in so manches Schlafzimmer. In der Bundesliga übernahmen diesen doch etwas undankbaren Job des Aufwärmprogramms an diesem Spieltag gleich acht Teams, die ihrerseits aber den Stars des Spieltags nicht die Show stehlen wollten und daher mit Highlights geizten und allesamt schiedlich friedlich die Punkte teilten. In Berlin duellierte sich dabei die Hertha im Spiel der Sieglosen der Rückrunde mit der TSG Hoffenheim und kam nach einem irgendwie merkwürdigen Elfmeter für die Gäste durch Kalous Kopfball zu einem Punktgewinn, während man bei den Kraichgauern den frisch genesenen Star der Show, Kerem Demirbay, mit einer üblen Verletzung direkt wieder ans Krankenhaus-Team verlor. Wenn der Knöchel und ein Teil des Unterschenkels auf dem Rasen stehen während der Körper noch oben ist, weiß man ziemlich sicher, dass welcher Trick auch immer in die Hose gegangen ist. Gute Besserung.
Das gleiche Ergebnis, nämlich ein 1:1, gab es auch in Wolfsburg, wo der VfL den tayfunisierten VfB Stuttgart empfing. Neu-Coach Tayfun Korkut wirbelte erstmal die komplette Mannschaft durcheinander und spülte dabei plötzlich Teile der Alt-Internationalen des VfB mit Dennis Aogo und Andreas Beck wieder in die Startelf. Letzterer war scheinbar schon so eingerostet, dass er prompt patzte und Origi freundlich zur sehenswerten Führung einlud. Aber wie es das Show-Business in Sachen Rückkehr an die alte Wirkungsstätte so vorschreibt, bekam natürlich auch Ex-Wolf Mario Gomez noch seinen Moment im Rampenlicht.
Mit klassischem gomezschem Rumgestocher drückte er den Ball irgendwie ins Tor und sicherte seinem Team und seinem Trainer so zumindest einen Punkt. Ein Dreier wäre für Tayfun Korkut weiß Gott auch zu viel des Guten gewesen.
Das dachte sich wohl auch Christian Streich, als er mit seinem SC Freiburg Bayer Leverkusen empfing. Zwei Siege in Folge für die Werkself waren mehr als genug und so traten die unbesiegbaren Breisgau-Boys diese kurze Serie schlicht und ergreifend kaputt und verlängerten die eigene Serie der Ungeschlagenheit auf lockere neun Spiele. Als Belohnung für den Einsatz gab es für den SCF insgesamt sieben (!!!) gelbe Karten – und das obwohl es doch heißt, der Applaus sei der größte Lohn des Künstlers. Sei’s drum, im Schwarzwaldstadion gab es jedenfalls viele Zweikämpfe, viele Fouls, wenig Chancen, wenig Punkte und noch weniger Tore: 0:0.
Mehr Tore, aber dafür noch weniger Ansehnliches gab es derweil im Duell des großen gegen den kleinen HSV: Hamburg gegen Hannover. Beim Heimdebüt für HSV Coach Hollerbach zeigte der Dino, kurz und knapp zusammengefasst, gar nichts. 96 ging verdient durch einen Dropkick-Distanzschuss in Führung und hatte eigentlich alles im Griff – ganz im Gegensatz zum Videoschiedsrichter im Kölner Keller. Der Kollege, womöglich schon älteren Semesters, hatte sich augenscheinlich zu einem gemütlichen Nickerchen am Sonntagnachmittag gebettet und sah einen doch recht klaren Elfmeter zu Gunsten des HSV ebenso wenig wie eine knappe Abseitsstellung bei Kostics Ausgleichstor in der Schlussphase der Partie. Auch ein Funktionstest seitens Papadopoulos Ellbogens als letzter Mann blieb mit einer gelben Karte lediglich äußerst milde geahndet. Der Grieche rüpelte sich aber trotzdem noch per Ampelkarte vom Platz und räumte so dann, in unserem Fall, mit einem 1:1 endlich die Manege für die wirklichen Highlights des Spieltags.
Ballvirtuosen unter sich
Dass sich diese selbstverständlich im Cirque du Soleil der Bundesliga, dem FC Bayern München, finden lassen, kann ja schon fast als Naturgesetz angesehen werden. Ebenso die Tatsache, dass die Bayern unter Don Jupp einfach jedes Spiel gewinnen. So auch in Mainz, wo sie nur das Nötigste taten, dies allerdings bei den Zuschauern für offene Münder und Applaus als Zeichen der Bewunderung sorgte. Der erste dieser Momente ging auf die Kappe des französischen Altmeisters Franck Ribery, der eine semi-gut geklärte Ecke Volley nahm und mit seinem Schuss eine magische Gasse quer durch den Mainzer Strafraum öffnete, durch die der Ball perfekt im Tor einschlagen konnte. Für den zweiten Moment zum Zungeschnalzen sorgte der kolumbianische Künstler James Rodriguez. In seiner Aufführung „Mein bester Freund, der Ball“ zeigte er, wie nah er der Spielgerät ist und wie fließend man selbiges mit der Brust annehmen und aus einem Guss dann per Direktabnahme im Netz versenken kann – wunderschön. Mit diesem 2:0 ging das Spiel dann auch zu Ende und es bewahrheitete sich einmal mehr: ein gutes Pferd springt nur so hoch wie es muss.
Diese Weisheit lebt man im Normalfall auch in Frankfurt, wo man bekanntlich in dieser Saison bisher auswärts im Beastmode unterwegs war und gleichzeitig den Gegnern in schöner Regelmäßigkeit mit einer kratzigen Defensive a la Wollpullover die Nerven raubte. Dumm nur, dass mit dem FC Augsburg nun ein Team die Eintracht empfing, dass Finesse, Weichspüler und einen österreichischen Jongleur namens Gregortisch im Petto hatte. Beim Stand von 1:0 beeindruckte der große Gregoritsch Fans wie Gegner gleichermaßen, indem er den Ball mit dem Rücken zum Tor mit links annahm, über sich legte nur um in einer fließenden Bewegung direkt mit dem anderen Fuß zum 2:0 abzuschließen.
Die Ohhhs und Ahhhs des Publikums hatte sich der Stürmer jedenfalls verdient. Dass es am Ende sogar 3:0 für den FCA stand, verkam fast zur Randnotiz, denn der Star des Spiels war zweifellos der junge Österreicher mit dem feinen Fuß.
Torwartclowns und neue Sternchen
Nach so viel anspruchsvoller Kunst wird es im Bundesliga-Zirkus des 21. Spieltags nun aber mal Zeit für etwas entspannte Unterhaltung und Training für die Lachmuskeln. Den Job übernahmen am Wochenende die Torhüter im Spiel Schalke gegen Bremen und schlüpften in die Rolle der Keeper-Clowns. Den Anfang machte dabei Werder Keeper Pavlenka, der sich bei einem harmlosen Schuss von Konoplyanka selbst auf den Arm nahm und den Ball so tollpatschig versuchte zu fangen, wie die kleine Hannah in der zweiten Klasse (Quelle Titelbild: Kicker.de) und sich so für die Schalker Führung verantwortlich zeigte. Sein Gegenüber Ralf Fährmann wollte aber mitmachen und sah gleich zweimal alles andere als glücklich aus. Erst ließ er einen Freistoß ziemlich plump nach vorne prallen als würde er dicke Fäustlinge an den Händen tragen, nur um sich wenige Minuten später beim herauslaufen tunneln zu lassen. Pannen wie aus dem Lehrbuch und am Ende jubelt Werder Bremen über einen glücklichen und von Ralle Fährmann ermöglichten Auswärtssieg im Abstiegskampf.
Ganz ohne Clownerie ging es derweil in Gladbach zu, wo die Borussia RB Leipzig zum Duell um den Titel Best of Rest empfing. Das Spielniveau bewegte sich in der ersten Halbzeit nur ganz knapp über der Grasnarbe, bevor die Gäste aus Leipzig sich nach der Pause dazu entschieden, es zumindest zu versuchen. Bei den Fohlen war einzig Ersatzkeeper Sippel in Form und demonstrierte den Kollegen Pavlenka und Fährmann eindrucksvoll, dass man das Tortwartspiel auch durchaus ernst nehmen kann. Einzig die Belohnung in Form von Punkten blieb ihm verwehrt, denn Joker-Neuzugang Lookman kam, sah und traf zum 1:0 Siegtreffer. Ob da ein neuer Stern am Bundesliga-Himmel aufgeht? Der Einstand ist jedenfalls geglückt.
Spiel und Spieler des Spieltags
Noch einmal eine ganze Spur besser ist das allerdings einem anderen Neuzugang gelungen, der mit seiner Leistung die eigenen Fans verzücken und das Spiel des Spieltags entscheiden konnte: Michy Batsuayi.
Der junge Belgier, Leihgabe des FC Chelsea als Ersatz für Streik-Paradiesvogel Aubameyang verpflichtet, entschied das Spiel gegen den 1.FC Köln mit drei Toren, von denen zwei zählten, und einem Assist quasi im Alleingang. Der FC hielt aber das gesamte Spiel über mehr als gut mit, präsentierte sich ebenbürtig und kam gleich doppelt mit starker Moral und dem guten alten Pannen-Bürki im Dortmunder Kasten zurück. Vor allem das 2:2 ging auf seine Kappe, als er bei einer Ecke auf der Linie kleben blieb wie mit Uhu-Superkleber fixiert als Mere drei Meter vor ihm per Kopf ausgleichen konnte. Am Ende war es dann aber Andre Schürrle, der ein Spiel ohne Mittelfeld und mit mehr als luftigen Abwehrreihen mit einem Konter-Tor zum 3:2 zu Gunsten des BVB und Ex-Köln-Coach Stöger entschied. In aller Munde war nach dem Spiel aber trotzdem und auch völlig zurecht Traum-Debütant Michy, obwohl man die Leistung der Geißböcke keinesfalls unerwähnt lassen sollte. Wer so spielt, hat eigentlich nichts mit dem Abstieg zu tun. Dumm nur, wenn man für die Hinrunde eigentlich nicht einmal eine Teilnehmerurkunde verdient hatte.