In den letzten Wochen habe ich mich das ein oder andere Mal über die fehlende Qualität und Ansehnlichkeit der Bundesliga beschwert und vor allem die Tore vermisst. Ich habe also das klassisch Deutsche Verhaltensmuster gelebt und wurde nun augenscheinlich dafür belohnt. Denn am 26. Spieltag gab es endlich mal wieder Action in der Bundesliga. 26 Tore in 9 Partien, Solo-Künstler, und hollywoodreife Dramen – für jeden Geschmack war etwas dabei. Ich bin mir jetzt nur unsicher, ob ich damit schon zufrieden sein soll oder lieber weiter meckern sollte. Bevor ich mir darüber weiter Gedanken mache, werfen wir aber erstmal einen Blick auf die Ereignisse der 26. Runde.
Gurkenkick Deluxe
All mein Klagen hatte sich augenscheinlich noch nicht bis in die Hauptstadt herumgesprochen, denn die Berliner Hertha zog auch an diesem Spieltag ihren torlosen Antifußball eiskalt durch. Da im Heimspiel nun auch der Gegner aus Freiburg einen großen Löffel aus dem Harmlosigkeitstopf genommen hatte, bekamen die Zuschauer ein Spiel wie einen Zahnarztbesuch serviert. Das einzig logische Ergebnis war dabei natürlich ein 0:0, womit die Hertha aktuell bei mehr als 6 torlosen Stunden steht. Das muss man auch erstmal schaffen.
Gleiches gilt auch für Tayfun Korkut, der im Gegensatz zur Hertha, allerdings für positive Schlagzeilen sorgt. Der ehemalige Trainer-Tölpel blieb nun auch gegen RB Leipzig in seinem sechsten Spiel als VfB Trainer ungeschlagen und trieb die Sachsen diesmal mit einer robusten bis harten Gangart in den Wahnsinn.
Am Ende eines highlightarmen Gekickes stand somit ebenfalls ein 0:0, was in Anbetracht der unterschiedlichen Ansprüche von VfB und RBL aber vor allem für die Gastgeber als Erfolg gewertet werden kann. Timo Werner erlebte bei seiner Rückkehr in die Heimat übrigens ein 77 minütiges Pfeifkonzert – bis er ausgewechselt wurde.
Dominanz vs. Schläfrigkeit
Ein solches hätten auch die Spieler von Hannover 96 im Heimspiel gegen den FC Augsburg verdient, aber da die Ultras mal wieder mehr mit sich selbst als mit allem anderen beschäftigt waren, blieb es trotz der viel zu höflichen Leistung weitestgehend ruhig. Der FCA konnte quasi ungestört schalten und walten, nahezu alle 96er hielten gehörigen Sicherheitsabstand und die Gäste nutzten diesen eiskalt aus. Zweimal Gregoritsch, mal wieder ein doppelter Gruß an die starke Transferpolitik des HSV (mittlerweile schon der 11.), und Gojko Kacar trafen für die Augsburger. Zwar konnte Salif Sané mit einer zünftigen Schweißarbeit aus 16 Metern zwischenzeitlich ausgleichen, aber mehr kam von Hannover auch nicht wirklich gefährlich auf den Kasten von Marvin Hitz. Am Ende stand somit ein hochverdienter 3:1 Auswärtssieg für den FC Augsburg, der somit weiterhin mehr als fest im Sattel des Liga-Mittelfelds sitzt.
Eine andere Gemengelage gab es derweil beim „Rheinderby“ zwischen Leverkusen und Borussia Mönchengladbach. So wirklich als Derby sieht das Spiel zwar niemand, aber immerhin liegt keine allzu weite Strecke zwischen den beiden Städten. Umso größer war am Samstagabend allerdings die leistungsmäßige Entfernung zwischen beiden Teams. Die Werkself machte von Beginn an klar, dass sie auch nach den letzten Heimniederlagen Herr im eigenen Haus sein wollte, während die Fohlen agierten wie eingeschlafene Füße. Der entscheidende Mann beim hochverdienten 2:0 Heimerfolg war Stürmer Lucas Alario.
Der Argentinier erzielte das 1:0 selbst und sorgte mit seiner Vorlage auf Julian Brandt in der Nachspielzeit für den endgültigen Deckel auf den Topf der Partie. Doppelt bitter für BMG: nicht nur das Spiel wurde verloren, sondern wohl auch endgültig der Anschluss an die internationalen Plätze sowie Innenverteidiger Vestergaard. Der dänische Hüne brach sich nach einer knappen Stunde den Mittelfuß, spielte aber den Rest der Partie durch. Aber trotz dieses Schmerzempfindens einer Beton-Parkbank wird die Saison für ihn gelaufen sein. An dieser Stelle gute Besserung.
Diesen Wunsch richte ich auch gleich noch an den nächsten dänischen Hünen, denn auch Frederik Sörensen überstand das Auswärtsspiel seines 1.FC Köln bei Werder Bremen nicht unbeschadet. Im Duell Stollen gegen Nase ging der Sieg nämlich eindeutig an die Stollen, denn diese zertrümmerten die Nase des Verteidigers. Aber nicht nur die Nase von Sörensen musste am Montagabend leiden, sondern auch sein Verein. Die Geißböcke, mit dem gefühlt 85. Endspiel der Saison, starteten fahrig und wurden von den Bremer Gastgebern dafür mit einer Pick-and-Roll Ecke durch Vejlkovic bestraft. Nach der Pause kamen die kämpfenden Geißböcke durch eine Co-Produktion von Pizarro und Osako noch einmal zurück, aber nur um Minuten später einen klassischen „Effzeh“ zu bauen. Individueller Patzer von Höger, Konter Werder, Tor Rashica und der Kölner Schwung war verflogen. In der Schlussminuten machte dann Eggestein die Tür mit dem 3:1 Endstand dann komplett zu und sorgte so dafür, dass die eh schon laufenden Planungen für Liga 2 in der Domstadt wohl weiter konkretisiert werden müssen. Werder verschaffte sich so hingegen weiter Luft im Abstiegskampf und dürfte zumindest mit dem direkten Abstieg nichts mehr zu tun haben.
Wie das warme Messer durch die Butter
Mit den gleichen Planungen wie der FC muss sich auch ein anderer Traditionsverein auseinandersetzen: Der Hamburger SV. Nach desolaten Jahren mit diversen blauen Augen scheint es dem letzten verbliebenen Bundesliga-Dino diese Saison wirklich an den Kragen zu gehen – und das völlig zurecht. Chaos im und um den Verein, Zerfall auf dem Platz, Schuldzuweisungen an alle und jeden – der ganze Verein gibt ein wahrlich erbärmliches Bild ab. Da kam das Gastspiel beim FC Bayern nun gerade recht, um das auch nochmal der breiten Öffentlichkeit eindrucksvoll zu beweisen. Die Hamburger waren vorne nicht existent, patzten hinten und wehrten sich im Grunde überhaupt nicht gegen die Filetierung durch die Münchener. Bereits nach nicht einmal 20 Minuten stand es schon 3:0 und mit Dennis Diekmeier wurde der erste HSV Akteur leistungsbedingt ausgewechselt – ein Bauernopfer, da man ja leider nicht elf Mal wechseln kann. Zum Glück für die Gäste chillten die Bayern dann ein wenig, bevor sie in der zweiten Halbzeit nochmal etwas Spielwitz entwickelten und trotz eines verschossenen Elfmeters am Ende ein lockeres 6:0 im Stile eines Trainingsspiels auf der Anzeigetafel stehen hatten. Lewandowski (3), Ribery (2) und Robben reichten völlig aus, um die Hamburger Weihnachtsgans mitten im März mundgerecht zu zerlegen. Besonders Ribery hatte sichtlich Spaß, als er gegen gleich vier Hamburger Slalomstangen auf einmal sein zweites Tor erzielte. Wenn man nicht wüsste, dass es ein Bundesliga-Spiel war, hätte man meinen können, der FCB spielt gegen eine Hobbytruppe aus dem Allgäu. Aber selbst die hätten sich wahrscheinlich versucht zu wehren. Man könnte dem Rekordmeister nun vorwerfen, es gehört sich nicht, auf einem am Boden liegenden Verein so einzutreten. Allerdings hat der ehemals große HSV es, aufgrund des eigenen Versagens, einfach nicht anders verdient. Bernd Hollerbach sollte froh sein, nach dem Spiel entlassen worden zu sein. So muss er den Dino wenigstens nicht beerdigen.
Von solchen düsteren Szenarien ist man derweil in Gelsenkirchen gefühlte Lichtjahre entfernt. Unter Domenico Tedesco spielt der FC Schalke eine grundsolide, erfolgreiche Saison, siedelt sich vom spielerischen her allerdings eher im Abstiegskampf an. Entsprechend unschön gestaltete sich nun auch das Spiel bei Mainz 05 (Quelle Titelbild: Kicker.de), die ihrerseits nicht nur spielerisch sondern im realen Abstiegssumpf stecken. In einer Partie, die mehr falsche Einwürfe (2) als Tore zu bieten hatte, reichte S04 diesmal ein Geniestreich von Daniel Caligiuri zum Sieg. Der Deutsch-Italiener nahm sich im Mittelfeld ein Herz, marschierte durch fünf Mainzer Gegenspieler hindurch an die Strafraumgrenze und schlenzte den Ball zum Abschluss seinen Slalomlaufs gekonnt in die lange Ecke.
Dieser Treffer reichte an einem tristen Freitagabend für einen 1:0 Auswärtssieg, der den FC Schalke weiter in der Pole-Position im Kampf um den Vizemeister-Titel hält.
Es gab mal eine Zeit, da befand sich auch der VfL Wolfsburg in diesem Rennen. Nicht wenige Experten, darunter auch ich, sahen die Wölfe als Team, was sich auch mittelfristig als ernste Kraft in der Ligaspitze etablieren könnte. Ich lag mit dieser Einschätzung ebenso falsch wie alle andere, denn mittlerweile dümpelt der VfL nicht zum ersten Mal im Tabellenkeller vor sich hin. Und auch unter dem dritten Coach der Saison, Bruno Labbadia, scheint sich der nahezu vollkommen spaßbefreite Fußball der Wölfe nicht zu ändern. In Hoffenheim wurden sie nun gänzlich von der TSG dominiert und quasi vorgeführt. Am Ende stand es hochverdient 3:0 für die Gastgeber – und dabei hatte der zuletzt glühend heiße Andrej Kramaric nicht mal getroffen. In dieser Verfassung kann man in der Autostadt wirklich froh sein, dass es aktuell noch schlechtere Teams in der Liga gibt.
Spiel des Spieltags
Zu diesen gehören die Protagonisten der Partie des Spieltags zweifelsohne nicht. Denn sowohl Borussia Dortmund als auch Eintracht Frankfurt kämpfen aktiv um die Teilnahme an der Champions League und lieferten sich so ein heißes Spiel auf Augenhöhe. Die erste Hälfte im Signal Iduna Park ging dabei durch ein quasi erzwungenes Eigentor von Marco Russ, bereits dem fünften seiner Bundesliga-Karriere, an den BVB, bevor es nach dem Seitenwechsel wild wurde. Die Frankfurter Eintracht erhöhte zunehmend den Druck auf die bekannt wackelige Dortmunder Defensive und wurde dafür belohnt. Der eingewechselte Luka Jovic besorgte den Ausgleich und eröffnete so einen Joker-Reigen des Superlative. Denn es sollten noch drei weitere Joker-Tore fallen und eine verrückte Schlussphase prägen, wie man sie in Dortmund in dieser Saison nicht zum ersten Mal erleben durfte (oder auch musste). Batshuayi brauchte keine zwei Minuten, um seine Farben wieder in Front zu bringen. In der Nachspielzeit schlug die starke SGE durch den, wie sollte es anders sein, eingewechselten Danny Blum noch einmal zum 2:2 zurück. Aber einer wollte sich mit diesem Punkt nicht begnügen: der Batsman.
Nach feinem Pass von Piszczek behielt der Belgier im Strafraum in der Schlussminute die Nerven, versenkte den Ball zum 3:2 Endstand im Netz und setzte damit die Kirsche auf die Sahne eines Top-Spiels, was den Namen auch verdient hatte. Borussia Dortmund bleibt somit dem Revier-Feind aus Schalke auf den Fersen, während die Eintracht aus Mainhattan einen kleinen Rückschlag im Rennen um die Fleischtöpfe des internationalen Fußballs einstecken muss. Dass der FC Bayern München bereits kommendes Wochenende, also am 27. Spieltag, die Meisterschaft einsacken kann, sei an dieser Stelle nur am Rande erwähnt.