Freunde, Fans, Fußballfachleute – es ist vollbracht: Die reguläre Saison 2017/2018 ist im Kasten. Und was war das denn bitte für ein Finale? Der 34. Spieltage bildete das furiose Ende einer, wenn man mal ehrlich ist, gar nicht so furiosen Saison. Aber der Saisonabschluss entschädigte zweifellos nochmal für so einige Qualitätstäler, durch die uns die Bundesliga in dieser Spielzeit immer mal wieder geführt hat. Sei’s drum, blicken wir lieber ein letztes Mal auf den Spieltag und lassen ihn uns genüsslich auf der Zunge zergehen.
Bevor das Festmahl richtig beginnt, gibt es aber als Appetizer vorweg erstmal das einzige Spiel des Spieltags, bei dem es um absolut gar nichts mehr ging: Mainz 05 gegen Werder Bremen. Die Hausherren begannen dabei stärker und gingen durch Gbamin in verdient in Führung. Dann zeigten allerdings die Feierlichkeiten nach dem Klassenerhalt ihre Wirkung und Bremen nutzte das aus. Kainz sorgte noch vor der Pause für den Ausgleich, ehe Gebre Selassie zehn Minuten vor dem Ende per Kopf den 2:1 Auswärtssieg für Werder perfekt machte. Den 05ern fehlte Glück und Zielgenauigkeit gleichermaßen und so verabschieden sich die Mainzer zwar mit einer Heimniederlage aus der Saison, werden diese aber aufgrund des erneut geglückten Klassenerhaltes sicherlich verschmerzen können.
So übel ist die Europa League ja gar nicht
Nun aber zu all den Teams, für die es auch am letzten Spieltag noch um irgendetwas ging, auch wenn es „nur“ die Qualifikation für die eigentlich so unbeliebte Europa League oder, wie Mark van Bommel es gern formulierte, den „Fiat Punto Clio Cup“ ist. So wollte der VfB Stuttgart seine geringe Chance nutzen, nach einer tayfunesken Rückrunde doch noch auf Platz 7 zu springen und sich so die Hoffnung zu erhalten, von einem Triumph des FC Bayern im DFB Pokalfinale zu profitieren. Und ausgerechnet gegen diese Bayern ging es am letzten Spieltag in der Allianzarena. Ein Heimspiel, der Abschied von Jupp Heynckes, die Schalenübergabe im Anschluss – klingt nach einer ganz klaren Sachen. Und das wurde es auch, allerdings nicht so wie erwartet. Denn statt eines locker flockigen Heimsieges des Rekordmeisters, der übrigens in Top-Besetzung antrat, zog Korkut mit seinen Jungs auch dem FCB den Zahn und gab den Stimmungskiller mit einem deutlichen 4:1 Auswärtssieg. Dank einer taktischen Meisterleistung und einem gut aufgelegten Zieler im Tor wahrt der VfB Stuttgart so die Chance auf Europa, während die Bayern ihre gefühlt 538. deutsche Meisterschaft feierten wie Oma Hannelore ihren 89. Geburtstag im betreuten Wohnen.
Selbst ein Aufstieg in der Kreisliga wird normalerweise enthusiastischer gefeiert als der FCB seine Meisterschaft feierte. Wenn man nicht jeglichen Kontakt zur Fan-Basis und der Liga verlieren will, sollte man da dringend dran arbeiten. Aber was will man machen: Wenn Erfolg zur Gewohnheit wird, wird’s halt auch schnell langweilig.
Selbst auf Schalke schien mehr Freude über den Vizemeistertitel zu herrschen als in München über die Meisterschaft. Dabei zeigte S04 im abschließenden Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt nochmal exemplarisch, wie man diese Saison so erfolgreich gestalten konnte. Defensiv extrem stabil, offensiv eine Freißstoßflanke, Kopfballtor und schon hatte man den 1:0 Heimsieg zum Saisonabschluss in der Tasche. Die Protagonisten für den Sieg-Kopfball wechselten schonmal, diesmal war es Guido Burgstaller, aber das Schalker Erfolgsmuster war die ganze Saison hindurch klar zu erkennen. Bei der Frankfurter Eintracht hingegen war auch ein klares Muster zu erkennen, nämlich ausbleibender Erfolg nach der Verkündung des Abgangs von Niko Kovac. Seit der Kroate an der Seitenlinie als neuer Bayern-Coach auserkoren wurde, agierte die Eintracht wie ein Reifen mit einem Nagel drin: die Luft entwich nach und nach und am Ende einer eigentlich starken Saison steht in der Liga nur Platz 8 und somit keinerlei internationale Aussichten. Mal sehen, ob Kovac seinen Abgang zumindest noch mit dem Pokalsieg versüßen kann oder ob der durchaus fade Beigeschmack am Ende bleibt.
Einen quasi durchgehend faden Geschmack im Mund hat man irgendwie bei Hertha BSC Berlin. Denn egal wie die Berliner auftreten, so wirklich interessieren tut es niemanden. Zum Saisonabschluss empfing der Inbegriff der grauen Maus nun mit RB Leipzig ein Team, dass unbedingt gewinnen und so erneut auf europäischer Bühne mitspielen wollte. Kein Wunder also, dass die Taurin-Bullen loslegten wie die Feuerwehr. Nach 8 Minuten hatte es im Olympiastadion bereits dreimal geklingelt, davon einmal sogar im Tor der Leipziger. Hertha Keeper Rune Jarstein befand sich allerdings gedanklich scheinbar schon im Sommerurlaub, denn eine wirklich glückliche Figur gab er beim besten Willen nicht ab. Da sich dann auch noch seine Mitspieler den Urlaubsgedanken anschlossen, erlebten die Berliner ein Deja-vu der besonderen Art. Denn genau wie im letzten Heimspiel der Vorsaison stand am Ende an 2:6 auf der Anzeigetafel. Dabei mussten sich die Leipziger nicht einmal großartig anstrengen, um die alte Damen so zünftig auseinander zu schrauben.
Augustin, Lookman, Bruma, Upamecano – die Leipzig-Boys brannten nochmal ein wahres Offensivfeuerwerk ab und sicherten ihrem Club so die erneute Teilnahme am internationalen Geschäft, auch wenn es diesmal „nur“ die Europa League wurde. Die Hertha beendet die Saison hingegen da, wo sie sich am wohlsten fühlt: im Niemandsland der Liga.
Spiele um Millionen
Dort hat es sich am Ende der Saison auch Hannover 96 gemütlich gemacht, allerdings reisten die Niedersachen zum Abschluss nach Leverkusen, wo es für die Werkself noch um die Qualifikation für die Champions League und somit um knapp 30Mio. für die Portokasse ging. Zunächst stand allerdings der Abschied von Stefan Kießling im Fokus. Der Stürmer beendete vor den eigenen Fans seine Karriere und wurde äußerst herzlich und farbenfroh verabschiedet.
Und auch das Spiel verlief aus Sicht von Bayer 04 zunächst wie am Schnürchen. Nach 55 Minuten stand es nach einem Doppelpack von Alario und einem Treffer von Brandt bereits 3:0 und alles sah danach aus, als würde man sich selbst mit einem Schützenfest in die Königsklasse ballern. Als dann auch noch Stefan Kießling eingewechselt wurde um einen Elfmeter zu versenken, roch alles schon arg romantisch in Leverkusen. Das konnte der Schiedsrichter nicht ertragen, entschied nach Rücksprache mit dem Video-Kollegen den Elfmeter zurecht zurückzunehmen und Kießling so die gemalte Abschiedsmöglichkeit zu verwehren. Stattdessen entpuppte sich dann auch noch Hannover 96 als Partycrasher und sorgte mit zwei Toren in der Nachspielzeit für einen knappen 3:2 Heimsieg für Bayer. Somit waren die Leverkusener am Ende auf Schützenhilfe angewiesen, um in die Königsklasse einzuziehen. Spoiler: es scheiterte letztlich an drei mageren Toren.
Dafür verantwortlich waren zwei Protagonisten, die sich quasi im Millionen-Finale wie zwei Revolverhelden gegenüberstanden: die TSG Hoffenheim und Borussia Dortmund. Während die Kraichgauer zur Teilnahme an der Königsklasse aufgrund des Bayer-Sieges unbedingt gewinnen mussten, reichte dem BVB sogar eine nicht allzu hohe Niederlage zur erneuten Teilnahme und somit zum Erreichen des ausgegebenen Ziels für Peter Stöger. Getreu dem Motto „ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss“ kam es dann auch genau so. Roman Bürki untermauerte mit einem neuerlichen Patzer, dass er in der neuen Saison nur ungern die klare Nummer 1 im Kasten des BVB sein will und ermöglichte Andrej Kramaric so die Führung für seine TSG. Marco Reus gelang zwar der Ausgleich (und er blieb sogar auch in diesem Spiel unverletzt), allerdings sollte von den Schwarz-Gelben nicht mehr kommen. Der Defensivverbund präsentierte sich einmal mehr wackelig wie ein Jenga-Turm nach einigen Spielrunden und so stellten Adam Szalai und schließlich Pavel Kaderabek die Hoffenheimer Weichen auf europäische Elite-Liga.
Da Hoffenheim es allerdings beim 3:1 beließ, nahm man die Gäste aus Dortmund direkt mit in die Königsklasse und ließ so die Werkself aus Leverkusen in die Röhre gucken. Am Ende einer langen Saison gaben wenige Tore den Ausschlag – hätte Bayer mal das Tore-Schießen in der entscheidenden Saisonphase nicht verlernt.
Das finale Bundesliga-Artensterben
Probleme mit dem Tore-Schießen hatten der SC Freiburg die komplette Saison über. Schließlich hatte man bis einschließlich des 33. Spieltags lediglich 30 Tore erzielt, allein 7 davon in den beiden Spielen gegen den 1. FC Köln. Kein Wunder also, dass die Breisgauer am letzten Spieltag gegen den bereits sicheren FC Augsburg noch um den Klassenerhalt kämpfen mussten. Allein der pure Wille, diesen Kampf auch zu gewinnen, machte den SCF dann zu dem unangenehmen Gegner, den sie schon so oft in der Vergangenheit abgaben. Letztlich waren es dann die sonst eher semi-auffälligen Höfler und Kleindienst, die mit ihren Toren den Sieg und den Klassenverbleib für den kleinen Club aus dem Breisgau sicherten. Trotz bescheidener Mittel bleibt der SC Freiburg also wieder einmal erstklassig – Hut ab vor dieser Leistung.
Da sollten sich vor allem Teams mit deutlich größeren Geldbeuteln am Ende einer Saison im Tabellenkeller fragen, woran es denn gelegen hat. Der 1.FC Köln hatte sich ja bereits sang und klanglos aus dem Oberhaus verabschiedet, musste aber trotzdem zum Saisonabschluss noch einmal nach Wolfsburg reisen um dem VfL so zumindest die Relegation zu sichern. Klingt nach Wettbewerbsverzerrung? Ja, aber der FC kann ja nix dafür, dass sie einfach nicht erstligareif verteidigen können. Denn trotz großer Ankündigungen im Vorfeld des Spiels, dass man nochmal alles reinhauen würde, stand es nach nicht einmal 60 Sekunden bereits 1:0 für die Wölfe.
Jonas Hector brachte die Geißböcke mit einem Tor à la Lionel Messi mit einer Drehung durch zwei Gegenspieler mit anschließendem Lupfer über Koen Casteels zwar zurück ins Spiel, aber wer schlichtweg nicht verteidigt, der kann auch kein Spiel gewinnen. Die Kölner Defensive hatte den Namen an diesem Nachmittag einmal mehr nicht verdient und kassierte nach dem Seitenwechsel von den sonst so ungefährlichen Wölfen noch schlappe 3 Gegentore zum 4:1 Endstand. Damit sicherte sich der VfL auf den letzten Drücker die Relegation, wohl gemerkt zum zweiten Mal in Serie, und Bruno Labbadia könnte tatsächlich wieder zum Retter werden.
Das bedeutet gleichzeitig, dass der ehemalige Retter des HSV dieses Mal zu demjenigen wurde, der endgültig die Nägel in den schon lange bereitgestellten Sarg des Bundesliga-Dinos hämmert. Denn obwohl die Hamburger von den Fans vor dem Spiel frenetisch empfangen wurden und vom Anpfiff weg spielten kämpften und auch nach einem Platzverweis für Bobby Wood Moral zeigten, war das Glück in dieser Saison einfach aufgebraucht. Zwar verabschiedete sich der Hamburger SV von den eigenen Fans mit einem 2:1 Heimsieg gegen Borussia Mönchengladbach, die damit ganz nebenbei die eigene Chance auf Europa verschenkten, aber trotzdem war das unvorstellbare Ende gekommen. Die Unabsteigbaren hatte es doch tatsächlich erwischt. Das kommt davon, wenn man erst zu spät in der Saison mit dem Fußball anfängt und sich dann auf Schützenhilfe des 1.FC Kölns verlässt. Dass das Spiel zunächst nicht ordnungsgemäß beendet werden konnte, weil einige hundert Unbelehrbare das Stadion in schwarzen Rauch hüllten (Quelle Titelbild: Bild.de), kam dabei wenig überraschend. Das bewies auch die Tatsache, dass die örtliche Polizei binnen Sekunden mit Hund und Pferd auf dem Platz auftauchte und für Sicherheit sorgte. Nach einer fast 20 minütigen Unterbrechung verzogen sich dann aber nochmal alle hinten die Grundlinien und die Bundesliga-Historie des großen HSV endete mit einem Schiedsrichterball und dem anschließenden Abpfiff.
Als der Rauch sich verzog, übernahmen Trauer und Fassungslosigkeit seinen Platz. Eigentlich niemand hatte ernsthaft daran geglaubt, aber der Running-Gag der letzten Jahre wurde tatsächlich wahr. Und so endete eine Saison, welche der HSV zu Beginn an der Tabellenspitze erlebte, mit dem Tod des letzten Bundesliga-Dinos und es bleibt zum Abschluss nur noch der Blick auf die Tabelle als abschließende Zusammenfassung der Ereignisse der Saison 2017/2018.